23.11.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 32064

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Urteil10.08.2022Bundesarbeitsgericht5 AZR 154/22
Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil02.03.2022, 4 Sa 644/21
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil10.08.2022

Arbeitgeber spricht dem Arbeitnehmer nach Rückkehr aus Corona-Risikogebiet ein Betre­tungs­verbot für das Betriebsgelände aus: Annahmeverzug des Arbeitgebers nach Vorlage eines negativen Corona-Tests durch den ArbeitnehmerAnspruch auf Vergütung aufgrund Annahmeverzugs

Erteilt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, der aus einem SARS-CoV-2-Risikogebiet zurückkehrt, ein 14-tägiges Betre­tungs­verbot für das Betriebsgelände, obwohl der Arbeitnehmer entsprechend den verordnungs­rechtlichen Vorgaben bei der Einreise aufgrund der Vorlage eines aktuellen negativen PCR-Tests und eines ärztlichen Attests über Symptomfreiheit keiner Abson­de­rungs­pflicht (Quarantäne) unterliegt, schuldet der Arbeitgeber grundsätzlich Vergütung wegen Annahmeverzugs. Dies hat das Bundes­arbeits­gericht entschieden.

Der Kläger ist als Leiter der Nachtreinigung bei der Beklagten, die am Standort Berlin Lebensmittel für den Handel produziert, beschäftigt. Die Beklagte erstellte zum Infek­ti­o­ns­schutz ein Hygienekonzept, das für Arbeitnehmer, die aus einem vom RKI ausgewiesenen Risikogebiet zurückkehren, eine 14-tägige Quarantäne mit Betretungsverbot des Betriebs ohne Entgeltanspruch anordnet. Die SARS-CoV-2-Eindäm­mungs­maß­nah­men­ver­ordnung des Landes Berlin vom 16. Juni 2020 sah nach Einreise aus einem Risikogebiet grundsätzlich eine Quaran­tä­ne­pflicht für einen Zeitraum von 14 Tagen vor. Diese sollte jedoch nicht für Personen gelten, die über ein ärztliches Attest nebst aktuellem Laborbefund verfügen, der ein negatives Ergebnis eines PCR-Tests ausweist, der höchstens 48 Stunden vor Einreise vorgenommen wurde, und die keine Symptome einer COVID-19-Erkrankung aufweisen.

Betriebszutritt nach Rückkehr aus Corona-Risikogebiet verweigert

Der Kläger reiste während des ihm erteilten Urlaubs vom 11. August bis zum 14. August 2020 wegen des Todes seines Bruders in die Türkei, die zu dieser Zeit als Corona-Risikogebiet ausgewiesen war. Vor der Ausreise aus der Türkei unterzog er sich einem Corona-PCR-Test, der ebenso wie der erneute Test nach Ankunft in Deutschland negativ war. Der Arzt des Klägers attestierte ihm Symptomfreiheit. Die Beklagte verweigerte dem Kläger für die Dauer von 14 Tagen den Zutritt zum Betrieb und zahlte keine Arbeits­ver­gütung. Mit seiner Klage hat der Kläger Vergütung wegen Annahmeverzugs in Höhe von 1.512,47 Euro brutto verlangt. Er hat geltend gemacht, die Beklagte habe zu Unrecht die Annahme seiner Arbeitsleistung verweigert. Das Landes­a­r­beits­gericht hat der Klage stattgegeben.

BAG: Annahmeverzug - Betre­tungs­verbot führt nicht zur Leistungs­un­fä­higkeit des Klägers

Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte vor dem Fünften Senat des Bundes­a­r­beits­ge­richts keinen Erfolg. Das Berufungs­gericht hat richtig erkannt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der vom Kläger angebotenen Arbeitsleistung in Annahmeverzug befand. Das von ihr erteilte Betre­tungs­verbot des Betriebs führte nicht zur Leistungs­un­fä­higkeit des Klägers (§ 297 BGB), weil die Ursache der Nichterbringung der Arbeitsleistung von der Beklagten selbst gesetzt wurde. Dass ihr die Annahme der Arbeitsleistung des Klägers aufgrund der konkreten betrieblichen Umstände unzumutbar war, hat sie nicht dargelegt.

Maßnahmen des Betriebes waren unbillig und unwirksam

Die Weisung, dem Betrieb für die Dauer von 14 Tagen ohne Fortzahlung des Arbeitsentgelts fernzubleiben, war außerdem unbillig (§ 106 GewO) und daher unwirksam. Die Beklagte hat dem Kläger nicht die Möglichkeit eröffnet, durch einen weiteren PCR-Test eine Infektion weitgehend auszuschließen. Hierdurch hätte sie den nach § 618 Abs. 1 BGB erforderlichen und angemessenen Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer erreichen und einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf sicherstellen können.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)

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