18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil19.11.2014

Mindestentgelt in der Pflegebranche gilt auch für Bereit­schafts­dienst­zeitenBAG erklärt arbeits­ver­tragliche Vereinbarungen, die für Bereit­schafts­dienst in der Pflege geringeres Entgelt vorsehen als Mindestlohn, für unwirksam

Das Bundes­arbeits­gericht hat entschieden, dass das Mindestentgelt nach § 2 der Verordnung über zwingende Arbeits­be­din­gungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) vom 15. Juli 2010 nicht nur für Vollarbeit, sondern auch für Arbeits­be­reit­schaft und Bereit­schafts­dienst zu zahlen ist.

Die 1954 geborene Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens war bei der Beklagten, die einen privaten Pflegedienst betreibt, als Pflegehelferin gegen ein Brutto­mo­nat­s­entgelt von 1.685,85 Euro beschäftigt. Zu ihren Aufgaben gehörte u.a. die Pflege und Betreuung von zwei Schwestern einer Katholischen Schwes­tern­schaft, die beide an Demenz leiden und an den Rollstuhl gebunden sind. Neben den eigentlichen Pflege­leis­tungen oblagen der Klägerin auch Tätigkeiten im Bereich der hauswirt­schaft­lichen Versorgung der Schwestern (wie z.B. Zubereiten von Frühstück und Abendessen, Wechseln und Waschen von Wäsche). Die Klägerin arbeitete in zweiwöchigen Rund-um-die-Uhr-Diensten, während derer sie verpflichtet war, an der Pflegestelle anwesend zu sein. Sie bewohnte in den Arbeitsphasen im Haus der Schwes­tern­schaft ein Zimmer in unmittelbarer Nähe zu den zu betreuenden Schwestern. Diese nahmen täglich von 11:45 bis 12.45 Uhr am gemeinsamen Mittagessen der Schwes­tern­schaft und von 17:50 bis 18.50 Uhr am Gottesdienst teil. Mit ihrer Klage hat sie für die Monate August bis Oktober 2010 die Nachzahlung von insgesamt 2.198,59 Euro brutto begehrt und geltend gemacht, das Mindestentgelt von - damals - 8,50 Euro je Stunde nach § 2 Abs. 1 PflegeArbbV sei für jede Form der Arbeit zu zahlen. Die Beklagte hat eingewendet, die Klägerin habe nicht 24 Stunden am Tag gearbeitet. Das Mindestentgelt nach der PflegeArbbV sei nicht für Bereitschaftsdienst zu zahlen. Für diesen könne arbeits­ver­traglich eine geringere Vergütung vereinbart werden.

Entscheidungen der Vorinstanzen

Das Arbeitsgericht wies die Klage überwiegend ab. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landes­a­r­beits­gericht der Klage auf der Basis von 22 mit dem Mindestentgelt zu vergütenden Stunden je Arbeitstag im Rund-um-die-Uhr-Dienst stattgegeben. Die Zeiten des Mittagessens und der Teilnahme am Gottesdienst hat das Landes­a­r­beits­gericht als nicht zu vergütende Pausen gewertet.

Mindestentgelt wurde nach § 2 PflegeArbbV ist "je Stunde" festgelegt

Die Revision der Beklagten blieb vor dem Bundes­a­r­beits­gericht erfolglos. Das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV ist "je Stunde" festgelegt und knüpft damit an die vergü­tungs­pflichtige Arbeitszeit an. Dazu gehören nicht nur die Vollarbeit, sondern auch die Arbeitsbereitschaft und der Bereit­schafts­dienst. Während beider muss sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten, um im Bedarfsfalle unverzüglich die Arbeit aufzunehmen. Zwar kann dafür ein geringeres Entgelt als für Vollarbeit bestimmt werden. Von dieser Möglichkeit hat der Verord­nungsgeber im Bereich der Pflege aber keinen Gebrauch gemacht. Deshalb sind arbeits­ver­tragliche Vereinbarungen, die für Bereit­schafts­dienst in der Pflege ein geringeres als das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV vorsehen, unwirksam.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil19187

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI