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Dokument-Nr. 32552

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Bundesarbeitsgericht Urteil18.01.2023

Teilzeitjob kein Grund für niedrigeren StundenlohnWeisungsrecht des Arbeitgebers rechtfertigt keinen höheren Lohn

Geringfügig Beschäftigte, die in Bezug auf Umfang und Lage der Arbeitszeit keinen Weisungen des Arbeitgebers unterliegen, jedoch Wünsche anmelden können, denen dieser allerdings nicht nachkommen muss, dürfen bei gleicher Qualifikation für die identische Tätigkeit keine geringere Stunden­ver­gütung erhalten als vollzeit­beschäftigte Arbeitnehmer, die durch den Arbeitgeber verbindlich zur Arbeit eingeteilt werden.

Der Kläger ist als Rettungsassistent im Rahmen eines geringfügigen Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses bei der Beklagten tätig. Diese führt im Auftrag eines Rettungs­zweck­ver­bandes u.a. Notfallrettung und Kranken­transporte durch. Sie beschäftigt - nach ihrer Diktion - sog. „hauptamtliche“ Rettung­s­as­sis­tenten in Voll- und Teilzeit, denen sie im Streitzeitraum eine Stunden­ver­gütung von 17,00 Euro brutto zahlte. Daneben sind sog. „nebenamtliche“ Rettung­s­as­sis­tenten für sie tätig, die eine Stunden­ver­gütung von 12,00 Euro brutto erhalten. Hierzu gehört der Kläger.

„Nebenamtlicher“ Rettung­s­as­sistent kann Wunschtermine angeben

Die Beklagte teilt die nebenamtlichen Rettung­s­as­sis­tenten nicht einseitig zu Diensten ein, diese können vielmehr Wunschtermine für Einsätze benennen, denen die Beklagte versucht zu entsprechen. Ein Anspruch hierauf besteht allerdings nicht. Zudem teilt die Beklagte den nebenamtlichen Rettung­s­as­sis­tenten noch zu besetzende freie Dienstschichten mit und bittet mit kurzfristigen Anfragen bei Ausfall von hauptamtlichen Rettung­s­as­sis­tenten um Übernahme eines Dienstes. Im Arbeitsvertrag des Klägers ist eine durch­schnittliche Arbeitszeit von 16 Stunden pro Monat vorgesehen. Darüber hinaus ist bestimmt, dass er weitere Stunden leisten kann und verpflichtet ist, sich aktiv um Schichten zu kümmern.

Kläger fühlt sich wegen Teilzeit­tä­tigkeit benachteiligt

Mit seiner Klage hat der Kläger zusätzliche Vergütung in Höhe von 3.285,88 Euro brutto für die Zeit von Januar 2020 bis April 2021 verlangt. Er hat geltend gemacht, die unter­schiedliche Stunden­ver­gütung im Vergleich zu den hauptamtlichen Mitarbeitern stelle eine Benachteiligung wegen seiner Teilzeit­tä­tigkeit dar. Die Beklagte hält die Vergü­tungs­dif­ferenz für sachlich gerechtfertigt, weil sie mit den hauptamtlichen Rettung­s­as­sis­tenten größere Planungs­si­cherheit und weniger Planungsaufwand habe. Diese erhielten zudem eine höhere Stunden­ver­gütung, weil sie sich auf Weisung zu bestimmten Diensten einfinden müssten. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landes­a­r­beits­gericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Beklagte zur Zahlung der geforderten Vergütung verurteilt.

BAG bejahrt sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung

Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten blieb vor dem Fünften Senat des BAG ohne Erfolg. Das Berufungs­gericht hat richtig erkannt, dass die im Vergleich zu den hauptamtlichen Rettung­s­as­sis­tenten geringere Stunden­ver­gütung den Kläger entgegen § 4 Abs. 1 TzBfG ohne sachlichen Grund benachteiligt. Die haupt- und nebenamtlichen Rettung­s­as­sis­tenten sind gleich qualifiziert und üben die gleiche Tätigkeit aus. Der von der Beklagten pauschal behauptete erhöhte Planungsaufwand bei der Einsatzplanung der nebenamtlichen Rettung­s­as­sis­tenten bildet keinen sachlichen Grund zur Rechtfertigung der Ungleich­be­handlung. Es ist bereits nicht erkennbar, dass dieser Aufwand unter Berück­sich­tigung der erforderlichen „24/7-Dienstplanung“ und der öffentlich-rechtlichen Vorgaben zur Besetzung der Rettungs- und Krankenwagen signifikant höher ist.

Unter­schiedliche Planbarkeit rechtfertigt keine Ungleich­be­handlung

Auch wenn man unterstellt, dass die Beklagte durch den Einsatz der hauptamtlichen Rettung­s­as­sis­tenten mehr Planungs­si­cherheit hat, weil sie diesen einseitig Schichten zuweisen kann, ist sie hierbei jedoch nicht frei. Sie unterliegt vielmehr u.a. durch das Arbeits­zeit­gesetz vorgegebenen Grenzen in Bezug auf die Dauer der Arbeitszeit und die Einhaltung der Ruhepausen. Die nebenamtlichen Rettung­s­as­sis­tenten bilden insoweit ihre Einsatzreserve. Unerheblich ist, dass diese frei in der Gestaltung der Arbeitszeit sind. Die Beklagte lässt insoweit unberück­sichtigt, dass diese Personengruppe weder nach Lage noch nach zeitlichem Umfang Anspruch auf Zuweisung der gewünschten Dienste hat. Dass sich ein Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers zu bestimmten Dienstzeiten einfinden muss, rechtfertigt in der gebotenen Gesamtschau keine höhere Stunden­ver­gütung gegenüber einem Arbeitnehmer, der frei ist, Dienste anzunehmen oder abzulehnen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)

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