15.11.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil22.02.2012

Keine Ablösung einzel­ver­trag­licher Inbezugnahme durch (Haus-)TarifvertragHausta­rif­vertrag kann einzel­ver­traglich begründete Anwendbarkeit der AVR Caritas nicht ablösen

Ein Tarifvertrag kann selbst bei beiderseitiger Tarif­ge­bun­denheit eine Vereinbarung in einem Arbeitsvertrag nicht ablösen. Das gilt auch für nur aufgrund arbeits­ver­trag­licher Bezugnahme anwendbare Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritas­ver­bandes (AVR Caritas). Das Verhältnis der einzel­ver­trag­lichen und tarif­ver­trag­lichen Ansprüche zueinander ist nach dem Günstig­keits­prinzip des § 4 Abs. 3 TVG zu klären. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­a­r­beits­ge­richts hervor.

Die Klägerinnen und Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls sind langjährig in einem Krankenhaus im nichtärztlichen Dienst beschäftigt und Mitglieder der Gewerkschaft ver.di. In den Arbeits­ver­trägen mit dem ursprünglichen Träger des Krankenhauses ist die Anwendbarkeit der AVR in der jeweils gültigen Fassung vereinbart worden. Diese sind auch nach Betrie­bs­übergang auf eine GmbH jahrelang weiterhin dynamisch auf die Arbeits­ver­hältnisse der klagenden Parteien angewendet worden. Mit Wirkung zum 1. Mai 2007 hat die H-GmbH die Gesell­schafts­anteile an der Beklagten übernommen.

Konzernmutter schließt mit Gewerkschaft ver.di Nachtrag­s­ta­rif­vertrag ab

Die H-GmbH als Konzernmutter hatte zuvor am 16. Januar 2007 mit Gewerkschaft ver.di verschiedene Tarifverträge für die Unternehmen des Konzerns abgeschlossen. Außerdem schloss sie am 1. November 2007 mit der Gewerkschaft ver.di einen Nachtrag­s­ta­rif­vertrag ab, der für die Beklagte gelten sollte und nach dessen Maßgabe die Tarifverträge für die Unternehmen des Konzerns bei ihr zur Anwendung kommen sollten.

Anwendbarkeit der AVR nach Abschluss des Firmen­ta­rif­ver­trages umstritten

Die Vorinstanzen haben den auf Neuregelungen der AVR Caritas nach Abschluss des Hausta­rif­ver­trages gestützten Klageanträgen stattgegeben. Streitpunkt war dabei allein, ob nach dem Abschluss des Firmen­ta­rif­ver­trages die bisher auf die Arbeits­ver­hältnisse „anzuwendenden … AVR … in der jeweils gültigen Fassung“ noch anzuwenden sind.

BAG und Vorinstanzen bejahen Anwendbarkeit der AVR nach Abschluss des Firmen­ta­rif­ver­trages

Dies hat das Bundes­a­r­beits­gericht, ebenso wie die Vorinstanzen bejaht. Ein Haustarifvertrag kann die einzel­ver­traglich begründete Anwendbarkeit der AVR Caritas nicht ablösen. Im Übrigen scheidet hier eine Ablösung bereits aus einem weiteren Grund aus: Der für die Beklagte abgeschlossene Nachtrag­s­ta­rif­vertrag gilt bei der Beklagten nicht. Sie ist weder durch ihre Konzernmutter ordnungsgemäß vertretene Tarif­ver­trags­partei gewesen, noch hat ein tariffähiger Verband für sie gehandelt (§ 2 TVG).

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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