21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 28991

Drucken
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil21.07.2020

BAG: Einstands­pflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins für Pensions­kassen­zusagenBeschränkter Insolvenzschutz nur für Sicherungsfälle die vor 2022 eingetreten sind

Setzt eine Pensionskasse wegen ihrer mangelnden wirtschaft­lichen Leistungs­fä­higkeit eine Pensi­ons­kas­senrente herab, hat insoweit der Arbeitgeber einzustehen, der die Rente zugesagt hat. Wird über das Vermögen des Arbeitgebers ein Insol­venz­ver­fahren eröffnet, kommt eine Einstands­pflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins VVaG (PSV) für Sicherungsfälle vor dem 1. Januar 2022 nur dann in Betracht, wenn die Pensionskasse die nach der Versor­gungs­zusage des Arbeitgebers vorgesehene Leistung um mehr als die Hälfte kürzt oder das Einkommen des ehemaligen Arbeitnehmers wegen der Kürzung unter die von Eurostat für Deutschland ermittelte Armuts­gefährdungs­schwelle fällt. Dies hat das Bunde­s­a­r­­beits­gericht klargestellt.

Im hier vorliegenden Fall bezieht der Kläger ua. eine Pensi­ons­kas­senrente, die von der Pensionskasse aufgrund eines Beschlusses ihrer Mitglie­der­ver­sammlung wegen wirtschaft­licher Schwierigkeiten seit dem Jahr 2003 jährlich herabgesetzt wird. In der Vergangenheit hat die frühere Arbeitgeberin diese Leistungs­kür­zungen wegen ihrer gesetzlichen Einstands­pflicht aus § 1 Abs. 1 Satz 3 Betrie­bs­ren­ten­gesetz (BetrAVG) ausgeglichen. Nachdem die frühere Arbeitgeberin insolvent geworden ist, fordert der Kläger vom PSV, für die von der Pensionskasse vorgenommenen Leistungs­kür­zungen einzutreten. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landes­a­r­beits­gericht hat ihr stattgegeben. Die Revision des PSV hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht Erfolg.

EuGH schränkt Insolvenzschutz durch PSV ein

Das BAG hat mit Beschluss vom 20. Februar 2018 - 3 AZR 142/16 (A) - den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ersucht zu klären, ob Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG eine Eintritts­pflicht des PSV in derartigen Fällen verlangt. Mit Urteil vom 19. Dezember 2019 (- C-168/18 -) hat der EuGH die Vorlagefragen beantwortet. Eine unions­rechtliche Verpflichtung, die Betriebsrentner in derartigen Situationen abzusichern, besteht danach nur dann, wenn die Pensionskasse die nach der Versor­gungs­zusage des Arbeitgebers vorgesehene Leistung um mehr als die Hälfte kürzt oder das Einkommen des ehemaligen Arbeitnehmers wegen der Kürzung unter die von Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union, für Deutschland ermittelte Armuts­ge­fähr­dungs­schwelle fällt.

Haftung des PSV für die Einstands­pflicht des Arbeitgebers im BetrAVG gesetzlich verankert

In der Folge hat der Gesetzgeber durch Art. 8a des Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozial­ge­setzbuch und anderer Gesetze vom 12. Juni 2020 (BGBl. I S. 1248) eine Haftung des PSV für die Einstands­pflicht des Arbeitgebers im Falle einer Leistungskürzung einer Pensionskasse in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BetrAVG gesetzlich verankert. Ausnahmen gelten nur für Pensionskassen, die einem Sicherungsfonds angehören oder gemeinsame Einrichtungen der Tarif­ver­trags­parteien sind.

Voraussetzungen für Eintritts­pflicht des PSV nicht erfüllt

Für Sicherungsfälle vor dem 1. Januar 2022 kommt die Haftung nach einer Überg­angs­re­gelung in § 30 Abs. 3 BetrAVG jedoch nur unter den vom EuGH entwickelten Voraussetzungen in Betracht. Erst für spätere Sicherungsfälle haftet der PSV voll. Im Streitfall ist der Sicherungsfall vor dem 1. Januar 2022 eingetreten und beide alternativen Voraussetzungen für eine Eintritts­pflicht des PSV sind nicht erfüllt. Die Klage blieb deshalb erfolglos.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil28991

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI