18.10.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil04.08.2015

Hinter­bliebenen­versorgung: Spätehenklausel wegen Alters­diskriminierung unwirksam"Spätehenklausel" führt zu übermäßiger Beein­träch­tigung legitimer Interessen versorgungs­berechtigter Arbeitnehmer

Eine betriebliche Alters­ver­sorgung einschließlich einer Witwen­ver­sorgung, die eine "Spätehenklausel" enthält, nach der zusätzliche Voraussetzung für die Zahlung der Witwen-/Witwerrente ist, dass der versorgungs­berechtigte Mitarbeiter die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hat, ist wegen Diskriminierung wegen des Alters unwirksam. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­arbeits­gerichts hervor.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens ist die Witwe eines im April 1947 geborenen und im Dezember 2010 verstorbenen ehemaligen Mitarbeiters der Beklagten. Diesem waren Leistungen der betrieblichen Alters­ver­sorgung einschließlich einer Witwen­ver­sorgung zugesagt worden. Die maßgebliche Pensi­ons­re­gelung enthält eine "Spätehenklausel", nach der zusätzliche Voraussetzung für die Zahlung der Witwen-/Witwerrente ist, dass der versor­gungs­be­rechtigte Mitarbeiter die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hat. Diese Voraussetzung erfüllte der verstorbene Ehemann der Klägerin nicht; die Ehe war erst am 8. August 2008 geschlossen worden. Die Beklagte weigerte sich aus diesem Grund, an die Klägerin eine Witwenrente zu zahlen.

"Spätehenklausel" gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht Erfolg. Die "Spätehenklausel" ist gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Der verstorbene Ehemann der Klägerin wurde durch die "Spätehenklausel" unmittelbar wegen des Alters benachteiligt. Die Benachteiligung kann weder in direkter noch in entsprechender Anwendung von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG gerechtfertigt werden. Diese Bestimmung lässt bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit Unter­schei­dungen nach dem Alter unter erleichterten Voraussetzungen zu. Sie erfasst, soweit es um Altersgrenzen als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen der betrieblichen Alters­ver­sorgung geht, nur die Alters- und Invali­di­täts­ver­sorgung und nicht die Hinterbliebenenversorgung und damit auch nicht die Witwen-/Witwer­ver­sorgung. Die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung der unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters nach § 10 Sätze 1 und 2 AGG liegen nicht vor. Die "Spätehenklausel" führt zu einer übermäßigen Beein­träch­tigung der legitimen Interessen der versor­gungs­be­rech­tigten Arbeitnehmer.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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