23.11.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil28.03.2017

Gerichtlich bestätigtes Ent­lassungs­verlangen des Betriebsrats begründet dringendes betriebliches Erfordernis für ordentliche KündigungBAG zum Kündi­gungs­schutz nach einem Ent­lassungs­verlangen des Betriebsrats

Ist einem Arbeitgeber auf Antrag des Betriebsrats in einem Verfahren nach § 104 Satz 2 BetrVG rechtskräftig aufgegeben worden einen Arbeitnehmer zu entlassen, liegt für eine ordentliche Kündigung dieses Arbeitnehmers ein dringendes betriebliches Erfordernis i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG vor. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­arbeits­gerichts hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im April 2015 verlangte der Betriebsrat eines Versi­che­rungs­konzerns die Entlassung einer Sachbe­a­r­beiterin, da es zwischen ihr und zwei Arbeitskollegen im Oktober 2014 und Januar 2015 zu Ausein­an­der­set­zungen kam. Nachdem der Konzern eine Kündigung ablehnte, setzte der Betriebsrat sein Entlassungsverlangen gerichtlich durch. Der Versi­che­rungs­konzern kündigte die Sachbe­a­r­beiterin daraufhin außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich. Dagegen setzte sich diese mit der Kündi­gungs­schutzklage zur Wehr. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landes­a­r­beits­gericht Düsseldorf hielten die fristlose Kündigung für unwirksam, aber die ordentliche Kündigung für wirksam. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision sowohl der Arbeitgeberin als auch der Arbeitnehmerin.

Bundes­a­r­beits­gericht bejaht Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung

Das Bundes­a­r­beits­gericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher beide Revisionen zurück. Die ordentliche Kündigung habe das Arbeits­ver­hältnis wirksam beendet. Sie sei weder sozial ungerecht­fertigt noch sei sie aus anderen Gründen unwirksam.

Rechtskräftige Stattgabe des Entlas­sungs­ver­langens rechtfertigt betrie­bs­be­dingte Kündigung

Aufgrund der rechtskräftigen Stattgabe des Entlas­sungs­ver­langens des Betriebsrats im Verfahren des § 104 BetrVG stehe zwischen den Parteien fest, so das Bundes­a­r­beits­gericht, dass die Arbeitgeberin betrie­bs­ver­fas­sungs­rechtlich verpflichtet gewesen sei, das Arbeits­ver­hältnis der Arbeitnehmerin unter Wahrung der Kündi­gungs­fristen zu beenden. Dies begründe ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 des Kündi­gungs­schutz­ge­setzes (KSchG). Die Prüfung einer anderen Beschäf­ti­gungs­mög­lichkeit bedürfe es ebenso nicht, wie eine Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG.

Anhörung des Betriebsrats zur ordentlichen Kündigung nicht erforderlich

Die Anhörung des Betriebsrats zur ordentlichen Kündigung gemäß § 102 BetrVG sei nach Ansicht des Bundes­a­r­beits­ge­richts nicht erforderlich gewesen, da er selbst die Entlassung der Arbeitnehmerin gefordert habe. Das Entlas­sungs­ver­langen enthalte bereits die Zustimmung des Betriebsrats zu der umzusetzenden Kündigung.

Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung

Nach Auffassung des Bundes­a­r­beits­ge­richts sei die fristlose Kündigung unwirksam gewesen. Denn es habe an einem wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB gefehlt. Ein solcher folge nicht bereits aus der rechtskräftigen Stattgabe des Entlas­sungs­ver­langens des Betriebsrats. Denn damit sei die Arbeitgeberin nur zur Entlassung der Arbeitnehmerin verpflichtet worden, nicht zur fristlosen Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses.

§ 104 BetrVG lautet:

Hat ein Arbeitnehmer durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremden­feindliche Betätigungen, den Betriebsfrieden wiederholt ernstlich gestört, so kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung verlangen. Gibt das Arbeitsgericht einem Antrag des Betriebsrats statt, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Entlassung oder Versetzung durchzuführen, und führt der Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider nicht durch, so ist auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Entlassung oder Versetzung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)

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