18.10.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil12.05.2011

Mitgliedschaft in der NPD stellt noch keinen Kündigungsgrund darAußer­dienstliche Aktivitäten für NPD und JN als Kündigungsgrund

Allein die Mitgliedschaft in der Partei NPD ist noch kein Kündigungsgrund. Dies entschied das Bundes­a­r­beits­gericht. Es hob daher die Kündigung eines Mitarbeiters der Oberfi­nanz­di­rektion Karlsruhe auf, der wegen seiner politischen Gesinnung gekündigt worden war.

Aktives Eintreten für eine verfas­sungs­feindliche Partei oder deren Jugend­or­ga­ni­sation kann die perso­nen­be­dingte Kündigung eines im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmers begründen. Das gilt auch dann, wenn die Partei nicht durch das Bundes­ver­fas­sungs­gericht für verfas­sungs­widrig erklärt worden ist. Hat allerdings der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen politischer Betätigung abgemahnt, gibt er damit grundsätzlich zu erkennen, dass er die Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses für zumutbar erachtet, wenn zukünftig verfas­sungs­feindliche Aktivitäten unterbleiben. Er kann eine spätere Kündigung deshalb nicht ausschließlich auf Verhalten stützen, das schon seiner Abmahnung zugrunde lag. Die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen verfas­sungs­feind­licher Betätigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer eine ihm bei seiner Einstellung in den öffentlichen Dienst zulässigerweise gestellte Frage nach seiner Verfas­sungstreue bewusst falsch beantwortet oder relevante Umstände trotz bestehender Offen­ba­rungs­pflicht verschwiegen hat.

In Anwendung dieser Grundsätze hat der Zweite Senat des Bundes­a­r­beits­ge­richts die Entscheidung des Landes­a­r­beits­ge­richts bestätigt, das sowohl die Anfechtung des Arbeitsvertrags als auch eine auf Aktivitäten für die NPD und deren Jugend­or­ga­ni­sation (JN) gestützte Kündigung eines Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst für unwirksam erklärt hat. Der Kläger, der Mitglied der NPD ist, war seit 2003 beim beklagten Land in der Finanz­ver­waltung tätig. Er war zuständig für die Planung, Steuerung und Überwachung von Druckaufträgen. Vor Begründung des Arbeits­ver­hält­nisses hatte er sich in einer Erklärung zu den Grundsätzen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekannt und angegeben, er sei nicht Mitglied einer Organisation, die diese Grundordnung bekämpfe. Nachdem das beklagte Land ihn im Oktober 2007 wegen verschiedener partei­po­li­tischer Aktivitäten abgemahnt hatte, kündigte es das Arbeitsverhältnis im Mai 2008 mit der Begründung, der Kläger habe durch Teilnahme an einer von der NPD abgehaltenen Gedenk­ver­an­staltung erneut seine politische Treuepflicht verletzt. Zudem focht es den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung an.

Die Anfechtung ist nicht berechtigt. Der Senat hatte aufgrund bindender Feststellungen des Landes­a­r­beits­ge­richts davon auszugehen, dass sich der Kläger bei Abgabe seiner Erklärung eines Eignungsmangels nicht bewusst war. Auch ein Grund zur Kündigung liegt nicht vor. Der Kläger hat jedenfalls nach seiner Abmahnung bis zum Zugang der Kündigung kein Verhalten gezeigt, das als aktives Bekämpfen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes angesehen werden kann. Ob die NPD und ihre Jugend­or­ga­ni­sation als verfas­sungs­feindlich einzustufen sind und ob das abgemahnte Verhalten deutlich gemacht hat, dass der Kläger mögliche verfas­sungs­feindliche Ziele der NPD aktiv unterstützt, war nicht zu entscheiden.

Quelle: ra-online, Bundesarbeitsgericht (pm/pt)

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