21.11.2024
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Dokument-Nr. 24659

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Urteil15.12.2016Bundesarbeitsgericht2 AZR 431/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BB 2017, 1086Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB), Jahrgang: 2017, Seite: 1086
  • NJW 2017, 10Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2017, Seite: 10
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven, Urteil21.10.2014, 11 Ca 11185/13
  • Landesarbeitsgericht Bremen, Urteil17.06.2015, 3 Sa 129/14
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil15.12.2016

BAG zur "Druckkündigung": Rechtswidrige Arbeits­nie­der­legung von Beschäftigten zwecks Erreichens einer unberechtigten Kündigung eines Arbeitnehmers kann dessen Kündigung rechtfertigenArbeitgeber muss aber Belegschaft durch zumutbare Maßnahmen von Arbeits­nie­der­legung abbringen

Drohen Beschäftigte mit einer Arbeits­nie­der­legung, um somit die Kündigung eines unliebsamen Kollegen zu erreichen, ist dessen Kündigung als sogenannte "Druckkündigung" nur dann zulässig, wenn der Arbeitgeber die drohenden wirtschaft­lichen Nachteile durch den Hinweis auf die Rechts­wid­rigkeit der Arbeits­nie­der­legung und durch Drohung mit arbeits­recht­lichen Maßnahmen zu verhindern versucht. Dies hat das Bundes­arbeits­gericht entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Hafen­fach­a­r­beiter wurde im September 2011 von seiner Arbeitgeberin gekündigt, da der Hafen­fach­a­r­beiter außerdienstlich ein Kind missbraucht hatte. Die Kündigung hatte vor Gericht jedoch keinen Bestand. Im April 2012 versuchte die Arbeitgeberin erneut das Arbeits­ver­hältnis durch eine Kündigung zu beenden, da Mitarbeiter eine weitere Zusammenarbeit mit dem Hafen­fach­a­r­beiter ablehnten. Auch diese Kündigung wurde von den Gerichten als unwirksam angesehen. Im Juli 2013 eskalierte die Situation erneut. Mehrere Mitarbeiter sowie Arbeiter von Drittfirmen weigerten sich ihre Tätigkeit aufzunehmen, solange sich der Hafen­fach­a­r­beiter auf dem Betriebsgelände aufhalte. Die Arbeitgeberin kündigte daraufhin erneut das Arbeits­ver­hältnis. Auch gegen diese Kündigung erhob der Hafen­fach­a­r­beiter Kündi­gungs­schutzklage.

Arbeitsgericht und Landes­a­r­beits­gericht bejahten Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung

Sowohl das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven als auch das Landes­a­r­beits­gericht Bremen hielten zwar eine fristlose Kündigung für unzulässig. Sie bejahten aber die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung. Gegen diese Entscheidung legte der Hafen­fach­a­r­beiter Revision ein.

Bundes­a­r­beits­gericht verneint Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung

Das Bundes­a­r­beits­gericht entschied zu Gunsten des Hafen­fach­a­r­beiters und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Die Kündigung des Arbeitnehmers sei auch nicht als ordentliche Kündigung wirksam gewesen. Die Voraussetzungen einer Druckkündigung haben nicht vorgelegen.

Zulässige Druckkündigung bei Versuch Arbeits­nie­der­legung zu verhindern und bei drohenden wirtschaft­lichen Nachteilen

Das ernstliche Verlangen von Mitarbeitern, die unter Androhung einer Arbeitsniederlegung die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangen, könne nach Ansicht des Bundes­a­r­beits­ge­richts selbst dann einen betrie­bs­be­dingten Grund zur Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 des Kündi­gungs­schutz­ge­setzes bilden, wenn die Arbeits­nie­der­legung rechtswidrig sei. Eine solche Druckkündigung sei jedoch nur dann wirksam, wenn der Arbeitgeber alles Zumutbare versucht habe, um die Belegschaft von ihrer Drohung abzubringen und durch die in Aussicht gestellte Arbeits­nie­der­legung schwere wirtschaftliche Nachteile drohen. Ein Arbeitgeber dürfe nicht ohne weiteres dem Verlangen der Belegschaft nachgeben. Er habe sich vielmehr schützend vor den Betroffenen zu stellen.

Unzulässige Druckkündigung

Nach Auffassung des Bundes­a­r­beits­ge­richts sei die Druckkündigung des Hafen­fach­a­r­beiters unzulässig gewesen, da die Arbeitgeberin nicht in ausreichender Weise versucht habe, den auf sie ausgeübten Druck anders als durch die Kündigung abzuwehren. Es sei zu beachten, dass durch eine Arbeitsverweigerung zwecks Erreichens einer unberechtigten Kündigung eines Kollegen die arbeits­ver­tragliche Haupt­leis­tungs­pflicht verletzt werde. Es sei dem Arbeitgeber stets zuzumuten, die Beschäftigten darauf hinzuweisen, dass ihr Verhalten einen schwerwiegenden, nach Abmahnung und Kündigung berechtigenden Vertragsbruch darstelle und dass ihnen für die ausfallende Arbeit kein Entgelt zustehe.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)

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