18.10.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 23201

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Bundesarbeitsgericht Urteil22.09.2016

Konsultations­verfahren bei Massen­ent­las­sungen darf bei mangelnder Verhandlungs­bereitschaft des Betriebsrats als beendet angesehen werden

Ein Arbeitgeber darf das Konsultations­verfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG als beendet ansehen, wenn der Betriebsrat keine weitere Verhandlungs­bereitschaft über Maßnahmen zur Vermeidung oder Einschränkung von Massen­ent­las­sungen erkennen lässt. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­arbeits­gerichts hervor.

Die Beklagte erbrachte Passa­ge­dienst­leis­tungen an Flughäfen. Ihre einzige Auftraggeberin kündigte sämtliche Aufträge zu Ende März 2015. Nach dem Scheitern eines Inter­es­se­n­aus­gleichs im Dezember 2014 leitete die Beklagte ein Konsul­ta­ti­o­ns­ver­fahren nach § 17 Abs. 2 KSchG ein und entschied Ende Januar 2015, ihren Betrieb zum 31. März 2015 stillzulegen. Nach Erstattung einer Massen­ent­las­sungs­anzeige (§ 17 Abs. 1 iVm. Abs. 3 KSchG) kündigte sie alle Arbeits­ver­hältnisse. Die Beklagte entschloss sich, erneut Kündigungen zu erklären, nachdem einige Kündi­gungs­schutz­klagen wegen vermeintlicher Mängel im Verfahren nach § 17 KSchG erstinstanzlich erfolgreich gewesen waren. Sie leitete im Juni 2015 ein weiteres Konsul­ta­ti­o­ns­ver­fahren ein und beriet mit dem Betriebsrat über eine mögliche "Wiedereröffnung" des Betriebs. Eine solche kam für sie allenfalls bei einer Absenkung der bisherigen Vergütungen in Betracht. Der Betriebsrat ließ keine Bereitschaft erkennen, an entsprechenden Maßnahmen mitzuwirken. Daraufhin kündigte die Beklagte - nach einer erneuten Massen­ent­las­sungs­anzeige - die verbliebenen Arbeits­ver­hältnisse vorsorglich ein zweites Mal. Die Klägerin hat sich fristgerecht gegen beide Kündigungen gewandt und hilfsweise einen Nachteils­aus­gleich (§ 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 BetrVG) verlangt. Das Landes­a­r­beits­gericht hat beide Kündigungen für unwirksam erachtet.

BAG erklärt erste Kündigung für unwirksam, zweite Kündigung jedoch für wirksam

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht nur teilweise Erfolg. Die erste Kündigung ist gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG iVm. § 134 BGB nichtig. Die Beklagte hat in der diesbezüglichen Massen­ent­las­sungs­anzeige den Stand der Beratungen mit dem Betriebsrat nicht korrekt dargelegt. Hingegen ist die zweite Kündigung wirksam. Die Beklagte hat das erforderliche Konsul­ta­ti­o­ns­ver­fahren auch unter Beachtung der unions­recht­lichen Vorgaben ordnungsgemäß durchgeführt. Sie hat dem Betriebsrat alle erforderlichen Auskünfte erteilt, um auf ihren Entschluss, an der Betrie­bs­s­till­legung festzuhalten, einwirken zu können. Die Beklagte durfte die Verhandlungen als gescheitert ansehen. Da sie seit April 2015 keinen Betrieb mehr unterhielt, hat sie die zweite Massen­ent­las­sungs­anzeige zu Recht bei der für den Unter­neh­menssitz zuständigen Agentur für Arbeit erstattet. Die zweite Kündigung war auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Nachteils­aus­gleich. Die Beklagte hat den Betriebsrat ordnungsgemäß über die beabsichtigte Betrie­bs­s­till­legung unterrichtet und nach dem Scheitern ihrer Verhandlungen die Einigungsstelle angerufen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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