Bundesarbeitsgericht Beschluss02.03.2022
Kein Verzicht auf Einhaltung des Öffentlichkeitsgrundsatzes im arbeitsgerichtlichen VerfahrenVirus-Pandemie rechtfertigt keinen Ausschluss der Öffentlichkeit
Im arbeitsgerichtlichen Verfahren kann auf die Einhaltung des Öffentlichkeitsgrundsatzes nicht verzichtet werden. Dies gilt auch im Fall einer Virus-Pandemie. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Rahmen eines Berufungsverfahrens vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg beschloss das Gericht im November 2021 wegen der Corona-Pandemie faktisch den Ausschluss der Öffentlichkeit für die mündliche Verhandlung. Das Gericht fällte schließlich ein Urteil und ließ die Revision nicht zu. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Beklagten. Sie sahen eine Verletzung des Grundsatzes der Öffentlichkeit.
Verletzung der Vorschriften über Öffentlichkeit des Verfahrens
Das Bundesarbeitsgericht entschied zu Gunsten der Beklagten. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts sei aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden seien. Der Grundsatz der Öffentlichkeit, der zu den Prinzipien demokratischer Rechtspflege gehöre und in § 169 Abs. 1 GVG niedergelegt ist, verlange, dass jedermann nach Maßgabe des tatsächliche verfügbaren Raums Zutritt zur Verhandlung ermöglicht werde. Auf die Einhaltung dieses Grundsatzes könne im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht verzichtet werden. Der Grundsatz der öffentlichen mündlichen Verhandlung solle eine der öffentlichen Kontrolle entzogene Geheimjustiz verhindern. Er diene der Kontrolle der Justiz durch die Möglichkeit der Allgemeinheit, die Verhandlung zu beobachten.
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Ausschluss der Öffentlichkeit in anderen Verfahren
Soweit der Bundesfinanzhof, das Bundessozialgericht und das Bundesverwaltungsgericht eine abweichende Auffassung vertreten, beziehe sich dies nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts auf die dortigen Verfahrensordnungen, insbesondere auf ein dort abgeschwächtes Prinzip der Öffentlichkeit.
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Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)