15.11.2024
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Dokument-Nr. 22990

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Bundesarbeitsgericht Urteil03.08.2016

Arbeitgeber darf vertraglich vereinbarte Bonuszahlung nicht ohne Begründung wegfallen lassenBei Bonuszahlungen des Arbeitgebers nach billigem Ermessen unterliegt Entscheidung der vollen gerichtlichen Überprüfung

Behält sich der Arbeitgeber vertraglich vor, über die Höhe eines Bonusanspruchs nach billigem Ermessen zu entscheiden, unterliegt diese Entscheidung der vollen gerichtlichen Überprüfung. Entspricht die Entscheidung nicht billigem Ermessen, ist sie gemäß § 315 Abs. 3 BGB* unverbindlich und die Höhe des Bonus durch das Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien festzusetzen. Dies entschied das Bundes­arbeits­gericht.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls war vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei der deutschen Niederlassung der Beklagten, einer internationalen Großbank, als Managing Director beschäftigt. Vertraglich war vereinbart, dass der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan teilnimmt. Entsprechend der vertraglichen Vereinbarung erhielt er für das Geschäftsjahr 2009 eine garantierte Leistung in Höhe von 200.000 Euro, für das Geschäftsjahr 2010 eine Leistung in Höhe von 9.920 Euro. Für das Jahr 2011 erhielt der Kläger keinen Bonus oder Deferral Award. Andere Mitarbeiter erhielten Leistungen, die sich der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte der jeweiligen Vorjah­res­leistung bewegten.

LAG verneint Möglichkeit zur gerichtlichen Festsetzung der Bonushöhe

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Zahlung eines Bonus für das Geschäftsjahr 2011, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 52.480 Euro. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung eines Bonus in Höhe 78.720 Euro verurteilt. Das Landes­a­r­beits­gericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen habe, die eine gerichtliche Festsetzung der Bonushöhe ermöglichten.

BAG: Kläger hat Anspruch auf Bonuszahlung gemäß vertraglicher Vereinbarung der Parteien

Die zugelassene Revision des Klägers hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht Erfolg. Der Kläger hat nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien einen Anspruch auf einen Bonus und/oder Deferral Award, der nach billigem Ermessen festzusetzen war. Mangels hinreichender Darlegungen der Beklagten zur Berechtigung der Festsetzung auf Null für das Jahr 2011 ist diese Festsetzung unverbindlich. Die Leistungs­be­stimmung hat in einem solchen Fall gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch das Gericht zu erfolgen. Grundlage ist dafür der Sachvortrag der Parteien; eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn gibt es nicht. Äußert sich der bestim­mungs­be­rechtigte Arbeitgeber zu bestimmten Faktoren nicht, geht dies nicht zu Lasten des Arbeitnehmers. Von diesem kann kein Vortrag zu Umständen verlangt werden, wie z.B. der Höhe eines Bonustopfes, die außerhalb seines Kennt­nis­be­reichs liegen. Auf die Erhebung einer Auskunftsklage kann er regelmäßig nicht verwiesen werden. Vielmehr ist die Leistung durch das Gericht aufgrund der aktenkundig gewordenen Umstände (z.B. Höhe der Leistung in den Vorjahren, wirtschaftliche Kennzahlen, Ergebnis einer Leistungs­be­ur­teilung) festzusetzen. Eine gerichtliche Leistungs­fest­setzung scheidet nur dann ausnahmsweise aus, wenn jegliche Anhaltspunkte hierfür fehlen. Dies war hier entgegen der Auffassung des Landes­a­r­beits­ge­richts nicht der Fall. Da die gerichtliche Bestimmung der Leistung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB regelmäßig Sache der Tatsa­chen­in­stanzen ist, hat das Bundes­a­r­beits­gericht den Rechtsstreit zur Festsetzung der Bonushöhe für das Geschäftsjahr 2011 an das Landes­a­r­beits­gericht zurückverwiesen.

Erläuterungen
* § 315 Abs. 3 BGB lautet: Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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