21.11.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil12.10.2005

Gleich­be­handlung von Angestellten und Arbeitern bei der Zahlung von Weihnachts­gra­ti­fi­kationUnter­schiedliche Weihnachts­gra­ti­fi­ka­tionen für Arbeiter und Angestellte müssen sachlich begründet sein

Gewährt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern nach von ihm gesetzten allgemeinen Regeln eine Weihnachts­gra­ti­fi­kation als freiwillige Leistung, ist er an den arbeits­recht­lichen Grundsatz der Gleich­be­handlung gebunden.

Dieser Grundsatz ist nicht nur bei einer willkürlichen Schlech­ter­stellung einzelner Arbeitnehmer verletzt. Bildet der Arbeitgeber Gruppen von begünstigten und benachteiligten Arbeitnehmern, verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz auch eine sachfremde Gruppenbildung. Die Gruppenbildung entspricht sachlichen Kriterien, wenn sich der Grund für die Differenzierung aus dem Leistungszweck ergibt. Zahlt der Arbeitgeber den Angestellten einen höheren Anteil ihrer Monatsvergütung als Weihnachtsgratifikation als den Arbeitern, entspricht die Schlech­ter­stellung der Gruppe der Arbeiter gegenüber der Gruppe der Angestellten deshalb sachlichen Kriterien, wenn der Arbeitgeber die Angestellten aus sachlichen Gründen stärker an sein Unternehmen binden will.

Auf Zahlung von Weihnachts­gra­ti­fi­kation in Höhe seines Monats­ver­dienstes geklagt hatte ein Arbeiter einer Leicht­me­ta­ll­gießerei. Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber hatte den ca. 70 Angestellten im Jahr 2002 eine Weihnachts­gra­ti­fi­kation in Höhe eines vollen Monatsgehalts gezahlt, während die ca. 150 Arbeiter nur 55 % ihres Monats­ver­dienstes als Weihnachts­gra­ti­fi­kation erhielten.

Die Klage hatte im Gegensatz zu den Vorinstanzen vor dem Zehnten Senat des Bundes­a­r­beits­ge­richts Erfolg. Das von der Beklagten behauptete unter­schiedliche Ausbildungs- und Quali­fi­ka­ti­o­ns­niveau zwischen Arbeitern und Angestellten war nach dem Leistungszweck der Weihnachts­gra­ti­fi­kation kein sachlicher Grund für die Differenzierung. Dass Angestellte mit den bei der Beklagten benötigten Kenntnissen und Fähigkeiten im Gegensatz zu Arbeitern auf dem Arbeitsmarkt nicht oder nur schwer zu finden sind und in der Regel eine längere interne Ausbildung durchlaufen müssen, hatte die Beklagte nicht dargetan. Sie stützte die den Angestellten gewährte höhere Weihnachts­gra­ti­fi­kation damit nicht auf sachliche Kriterien.

Vorinstanz: Landes­a­r­beits­gericht Nürnberg, Urteil vom 1. Dezember 2004 - 4 Sa 114/04 -

siehe auch LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 11.05.2000: Weihnachtsgeld: Diffe­ren­zie­rungs­kri­terien müssen rechtzeitig offen gelegt werden

Quelle: Pressemitteilung Nr. 65/05 des BAG vom 12.12.2005

der Leitsatz

1. Zahlt der Arbeitgeber ein Weihnachtsgeld als freiwillige Leistung, rechtfertigt es dessen Zweck, zu den anlässlich des Weihnachts­festes zusätzlich entstehenden Aufwendungen beizutragen und in der Vergangenheit geleistete Dienste zusätzlich zu honorieren, in der Regel nicht, bezüglich der Höhe des Weihnachts­geldes zwischen Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmern zu differenzieren.

2. Dem Arbeitgeber ist es nicht verwehrt, der Gruppe der Angestellten ein höheres Weihnachtsgeld zu zahlen, wenn sachliche Kriterien die Besserstellung gegenüber der Gruppe der gewerblichen Arbeitnehmer rechtfertigen. Sind seine Diffe­ren­zie­rungs­ge­sichts­punkte und der mit der Zahlung des höheren Weihnachts­geldes verfolgte Zweck nicht ohne weiteres erkennbar, hat der Arbeitgeber die Gründe für die unter­schiedliche Behandlung so substantiiert darzulegen, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprach.

3. Begründet der Arbeitgeber die Begünstigung der Angestellten mit der Absicht, diese stärker an sich zu binden, hat er zugeschnitten auf seinen Betrieb darzulegen, aus welchen Gründen eine stärkere Bindung der Angestellten einem objektiven, wirklichen Bedürfnis entspricht.

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