23.11.2024
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Dokument-Nr. 719

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Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil11.05.2000

Weihnachtsgeld: Diffe­ren­zie­rungs­kri­terien müssen rechtzeitig offen gelegt werden

Auch nach dem Gleich­be­hand­lungs­grundsatz ist es zulässig, die Zahlung einer freiwilligen Weihnachts­gra­ti­fi­kation nach dem Leistungs­ver­halten der Arbeitnehmer zu differenzieren.

Der Arbeitgeber muss solche Diffe­ren­zie­rungs­gründe zur Zahlung von Weihnachtsgeld jedoch rechtzeitig offen legen, spätestens wenn ein übergangener Arbeitnehmer Weihnachtsgeld unter dem Gesichtspunkt der Gleich­be­handlung verlangt. Dies hat das Landes­a­r­beits­gericht am 11.05.2000 rechtskräftig entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall nahm die Klägerin ihre Arbeitgeberin auf Zahlung einer restlichen Weihnachtsgratifikation für 1998 in Anspruch. Sie hatte von der Beklagten - im Gegensatz zum überwiegenden Teil der Belegschaft - nur ein halbes Bruttogehalt als Weihnachtsgeld erhalten. Im Januar 1999 verlangte die Klägerin von der Beklagten ein weiteres halbes Bruttogehalt als Weihnachtsgeld. In der Klagschrift vom 02.03.1999 stützte sie ihre Forderung auf zusätzliches Weihnachtsgeld auf Verletzung des Gleich­be­hand­lungs­prinzips. Erstmals in der Klagerwiderung vom 03.05.1999 legte die Beklagte dar, dass die Zahlung eines vollen, halben oder gar keinen Weihnachts­geldes davon abhinge, inwieweit die Arbeitnehmer zuverlässig, pünktlich, einsatzbereit und leistungsstark und wie häufig sie krank seien. Die Klägerin sei oft krank gewesen und habe mehrfach gegen Arbeits­an­wei­sungen verstoßen, so dass ihr nur eine halbe Sonderzahlung zugestanden habe. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die von der Beklagten eingelegte Berufung wies das Landes­a­r­beits­gericht zurück.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz dem Arbeitgeber gebiete, bei freiwilligen Leistungen die Leistungs­vor­aus­set­zungen so abzugrenzen, dass kein Arbeitnehmer hiervon aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen bleibe. Der Gleich­be­hand­lungs­grundsatz sei verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht finden lasse. Es sei zwar zulässig, die Zahlung einer freiwilligen Gratifikation von der Arbeitsleistung und dem Leistungs­ver­halten der Arbeitnehmer abhängig zu machen. Die Beklagte habe hier jedoch nicht ansatzweise erkennen lassen, unter welchen konkreten Voraussetzungen ein volles Weihnachtsgeld nicht gezahlt werde. Die Bezeichnung Weihnachtsgeld lege nahe, dass hiermit die in der Vergangenheit geleisteten Dienste zusätzlich honoriert werden und der durch das Weihnachtsfest entstehende Mehrbedarf gedeckt werden sollte. Werde mit der Zahlung des Weihnachts­geldes ein weiterer Zweck verfolgt, so müsse der Arbeitgeber zu Beginn des jeweiligen Kalenderjahres die weiteren Anspruchs­vor­aus­set­zungen eindeutig festlegen. Vorliegend hätte die Beklagte der Klägerin die Diffe­ren­zie­rungs­gründe spätestens dann offen legen müssen, als diese mit ihrem Begehren an die Beklagte herangetreten ist, ebenfalls einen vollen Monatsbezug zu erhalten, mithin im Januar 1999, spätestens jedoch im März 1999. Ihre mit Schriftsatz vom 03.05.1999 abgegebene Begründung der Ungleich­be­handlung sei verspätet gewesen.

Nachtrag vom 12.12.2005:

siehe auch BAG, Urteil v. 12.10.2005: Gleich­be­handlung von Angestellten und Arbeitern bei der Zahlung von Weihnachts­gra­ti­fi­kation

Quelle: ra-online, LAG Schleswig-Holstein

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