21.11.2024
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Arbeitsgericht Mannheim Urteil19.02.2016

Kündigung eines Bahn-Mitarbeiters wegen Veröf­fent­lichung eines Auschwitz-Fotos auf Facebook mit Kommentar zu Flüchtlingen unwirksamTrotz Fehlverhaltens fällt Inter­es­se­n­ab­wägung zugunsten des Arbeitsnehmers aus

Das Arbeitsgericht Mannheim (Kammern Heidelberg) hat entschieden, dass sowohl die außer­or­dentliche als auch die ordentliche Kündigung eines Bahn-Mitarbeiters, der bei Facebook ein Auschwitz-Foto mit einem Kommentar zu Flüchtlingen veröffentlicht hatte, für unwirksam erklärt. Das Beschäftigungs­verhältnis zur DB Regio besteht demnach fort.

Im zugrunde liegenden Verfahren hatte ein Bahn-Mitarbeiter ein Foto auf seiner Facebookseite veröffentlicht, welches das Eingangstor des Konzen­tra­ti­o­ns­lagers in Auschwitz mit dem Schriftzug "Arbeit macht frei" zeigt. Darunter ist in polnischer Sprache zu lesen: "Polen ist bereit für die Flücht­lings­aufnahme". Dieser polnische Text war auf Anfrage eines Lesers vom Arbeitnehmer übersetzt worden. Weiter befindet sich auf der Seite auch ein Foto des Fahrzeugführers in Uniform vor einem Zug der Arbeitgeberin. Sein Steckbrief enthält überdies die ausdrückliche Angabe, dass er bei der DB Regio AG/ S-Bahn Rhein-Neckar und DB Bahn beschäftig sei. Der Arbeitgeber hatte daraufhin das Arbeits­ver­hältnis außerordentlich (hilfsweise ordentlich) gekündigt.

Arbeitgeber hält Verhalten des Arbeitnehmers trotz Entschuldigung und Rechtfertigung für untragbar

Der Arbeitnehmer hatte sich im Anschluss für die "unüberlegte dumme Tat" vor Zugang der Kündigung entschuldigt. Als gebürtiger Pole habe er einen anderen Bezug zum Thema Auschwitz. Das Foto stamme aus einer polnischen Satire­zeit­schrift. Den Text habe er amüsant gefunden. Die Arbeitgeberin hält das Verhalten des Fahrzeugführers vor dem Hintergrund, dass auch Flüchtlinge in ihren Zügen fahren, für untragbar.

Satire-Gedanke bei Veröf­fent­lichung nicht unmittelbar erkennbar

Das Arbeitsgericht Mannheim (Kammern Heidelberg) erklärte die Kündigung für unwirksam. Allerdings sah das Gericht angesichts des Verhaltens des Klägers eine Pflicht­ver­letzung als gegeben an. Bereits die vom geschichtlichen Kontext losgelöste Verwendung des Eingangstors von Auschwitz oder des Satzes "Arbeit macht frei" sei in Deutschland tabuüber­schreitend und mute in Verbindung mit Flüchtlingen menschen­ver­achtend an. Dass es sich dabei um Satire handele, worauf sich der Kläger beruft, sei objektiv nicht erkennbar. Der auf Facebook eingestellte Text und das Foto seien deshalb auch nicht von der Meinungs­freiheit gedeckt und außerdem geeignet, sich zu Lasten des Arbeitgebers ruf- und geschäfts­schä­digend auszuwirken.

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Dennoch falle eine abschließend vorzunehmende Abwägung der Interessen der Parteien insbesondere angesichts des ungestörten Verlaufs des Arbeits­ver­hält­nisses über 14 Jahre hinweg auch unter Berück­sich­tigung des Umstands, dass sich der Kläger unmittelbar danach bei der Beklagten entschuldigt und das Foto auf seinem Facebook-Account sofort gelöscht habe, zu seinen Gunsten aus. Das Gericht machte deutlich, dass es davon ausgehe, dass der Kläger sich überhaupt keine Gedanken darüber gemacht habe, was er mit der Veröf­fent­lichung auf seiner Facebook-Seite auslösen würde und forderte den Kläger in der schriftlichen Urteils­be­gründung ausdrücklich dazu auf, in Zukunft sensibler in sozialen Netzwerken zu agieren.

Quelle: ra-online

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