21.11.2024
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Sie sehen eine stilisierte Weltkarte mit der Illustration eines Laptops, auf dem ein Paragraphenzeichen prangt.
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Amtsgericht Wuppertal Beschluss03.08.2010

AG Wuppertal: Unerlaubte Nutzung eines offenen WLAN nicht strafbarRechtsprechungs­änderung des AG Wuppertal zum Schwarzsurfen

Die Nutzung eines fremden offenen WLAN ist nach Ansicht des Amtsgerichts Wuppertal nicht strafbar. Dies hat das Gericht am 3. August 2010 entschieden. Noch 2007 ging das Amtsgericht Wuppertal dagegen von einem strafbaren Abhören von Nachrichten sowie einem Verstoß gegen die Straf­vor­schriften des Bundes­datenschutz­gesetzes aus.

Im zugrunde liegenden Fall wurde einem Mann vorgeworfen, sich am 26.08.2008 und am 27.o8.2oo8 mit seinem Laptop mittels einer drahtlosen Netzwerk­ver­bindung in ein fremdes offenes Funknetzwerk eingewählt zu haben, um ohne Erlaubnis und ohne Zahlung eines Entgeltes die Internetnutzung zu erlangen.

AG Wuppertal verneint strafbares Verhalten

Nach Ansicht des Amtsgerichts Wuppertal ist dieses Verhalten nicht strafbar. Daher lehnte das Gericht den Antrag der Staats­an­walt­schaft auf Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen ab. Das infrage stehende Verhalten erfülle weder den Tatbestand des unbefugten Abhörens von Nachrichten nach § 89 I 1 TKG noch des unbefugten Abrufens oder Verschaffens perso­nen­be­zogener Daten nach §§ 44, 43 II Nr.3 BDSG.

AG Wuppertal rückt von Entscheidung vom 03.04.2007 ab

Zwar wurde in der Entscheidung des Amtsgerichts Wuppertal vom 03.04.2007 ein solches Verhalten als strafbar gesehen. Danach sei der WLAN-Router eine elektrische Sende- und Empfangs­ein­richtung und damit eine Funkanlage im Sinne des § 89 TKG. Die aufgrund der Internetnetzung abgehörte "Nachricht" sei in der Zuweisung einer IP-Adresse durch den Router zu sehen. Das Verhalten sei unbefugt, weil die IP-Adresse nicht für den Angeklagten bestimmt gewesen sei.

Zudem sei eine Strafbarkeit nach § 44 i.V.m. § 43 II Nr.3 BDSG gegeben, da durch Zugriff auf den Router perso­nen­be­zogene Daten abgerufen würden. Da der Angeklagte des Nicht­vor­han­densein einer Flatrate des "Opfers" zumindestens billigend in Kauf nehme, handele er auch in Bereicherungs- bzw. Schädi­gungs­absicht.

Entscheidung aus 2007 überspannt den Schutz- und Strafbereich der hier in Betracht kommenden Straf­vor­schriften

Diese Ansicht überspannt jedoch den Schutz- und Strafbereich der hier in Betracht kommenden Straf­vor­schriften.

Keine Strafbarkeit nach § 89 S.1 TKG

Eine Strafbarkeit nach § 89 S.1 TKG sei nicht gegeben. Als "Nachricht" komme hier allenfalls die automatische Zuweisung einer IP-Adresse an den Computer in Betracht (so AG Wuppertal, NStZ 2008, 161). Hierbei sei aber bereits äußerst fraglich, ob die Zuweisung einer IP-Adresse eine "Nachricht" im Sinne dieser Vorschrift darstellt. Dass der Angeschuldigte andere Nachrichten des Zeugen I. unbefugt empfangen haben könnte, lasse sich nach dem Ermitt­lungs­er­gebnis gerade nicht feststellen. Jedenfalls sei durch das vorgeworfene Nutzen des Internetzugangs kein "abhören" im Sinne des § 89 TKG gegeben. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Unter Abhören sei das unmittelbare Zuhören oder das Hörbarmachen für andere, aber auch das Zuschalten einer Aufnah­me­vor­richtung zu verstehen. Dies erfordere jedenfalls einen zwischen anderen Personen stattfindenden Kommu­ni­ka­ti­o­ns­vorgang, den der Täter als Dritter mithört. Es müsse ein bewusster und gezielter Empfang fremder Nachrichten und das bewusste und gezielte Wahrnehmen fremder Nachrichten durch den Täter gegeben sein, um von einem Abhören von Nachrichten sprechen zu können. Dies sei bei dem Nutzer eines fremden WLAN nicht der Fall.

Keine Strafbarkeit nach § 44 I i.V.m. § 43 II Nr.3 BDSG

Auch sei der Tatbestand des § 44 I i.V.m. § 43 II Nr.3 BDSG nicht erfüllt. Der Angeschuldigte habe ausweislich der Anklage und des Ermitt­lungs­er­geb­nisses keine perso­nen­be­zogenen Daten abgerufen oder sich verschafft. In Betracht kämen auch hier allenfalls die IP-Daten. Die IP-Daten seien jedoch keine perso­nen­be­zogenen Daten im Sinne des § 3 I BDSG. Perso­nen­be­zogene Daten seien hiernach alle Informationen über persönliche und sachliche Verhältnisse, die einer natürlichen Person zuzuordnen und nicht allgemein zugänglich sind. Die IP-Adresse werde frei an den jeweiligen, das Netzwerk nutzenden Computer vergeben. Die Daten seien im Zeitpunkt des Empfangs durch den Angeschuldigten für diesen - als Nutzer des Computers der sich in das Netzwerk einwählt - bestimmt und somit der Schutzbereich der Datendelikte nicht berührt gewesen. Wer sich in ein WLAN einwähle, könne grundsätzlich nicht erkennen, wer der Betreiber des WLANs ist. Dass dies bei dem Angeschuldigten anders gewesen sein sollte, sei nicht ersichtlich und sei nach dem derzeitigen Ermitt­lungsstand nicht nachweisbar.

Keine Strafbarkeit nach § 202 b StGB

Auch eine Strafbarkeit nach § 202 b StGB sei nicht gegeben, da die empfangenen IP-Daten für den Angeschuldigten als Nutzer des Netzwerks bestimmt gewesen seien.

Nachtrag vom 2.9.2010

Die Staats­an­walt­schaft hat gegen die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens wegen eines vermuteten "Schwarz-Surfens" Beschwerde beim Landgericht Wuppertal eingelegt.

Quelle: ra-online, Amtsgericht Wuppertal (pt)

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