18.10.2024
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Sie sehen den Auspuff eines Autos.

Dokument-Nr. 24397

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Beschluss03.09.2015Amtsgericht Weißenfels10 AR 1/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • zfs 2015, 592Zeitschrift für Schadenrecht (zfs), Jahrgang: 2015, Seite: 592
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ergänzende Informationen

Amtsgericht Weißenfels Beschluss03.09.2015

Betroffener eines Bußgeld­be­scheids kann von Behörde Herausgabe der Rohmessdaten in unver­schlüs­selter Form verlangenHerausgabe zur effektiven Verteidigung gegen vorgeworfener Ge­schwindig­keits­überschreitung erforderlich

Dem Betroffenen eines Bußgeld­be­scheids wegen einer behaupteten Ge­schwindig­keits­überschreitung steht gegen die Verwal­tungs­behörde ein Anspruch auf Herausgabe der Rohmessdaten in unver­schlüs­selter Form zu. Denn nur so kann er sich gegen den Vorwurf effektiv zur Wehr setzen. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Weißenfels hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall wurde einem Autofahrer im Januar 2015 durch einen Bußgeldbescheid vorgeworfen, auf einer Autobahn die zulässige Höchst­ge­schwin­digkeit überschritten zu haben. Er sollte daher eine Geldbuße in Höhe von 120 EUR zahlen. Die Geschwindigkeitsmessung wurde durch das Gerät ES 3. der Firma ESO GmbH vorgenommen. Um die Messung durch einen Sachver­ständigen überprüfen zu lassen, verlangte der Verteidiger des Betroffenen von der Verwal­tungs­behörde die Herausgabe der Rohmessdaten in unver­schlüs­selter Form. Da sich die Behörde weigerte dem nachzukommen, stellte der Betroffene Antrag auf gerichtliche Entscheidung.

Anspruch auf Herausgabe der Rohmessdaten in unver­schlüs­selter Form

Das Amtsgericht Weißenfels entschied zu Gunsten des Betroffenen. Ihm stehe gegen die Verwal­tungs­behörde aus den Grundsätzen des fairen Verfahrens und der Gewährung rechtlichen Gehörs ein Anspruch auf Herausgabe der Rohmessdaten in unver­schlüs­selter Form zu.

Herausgabe zur effektiven Verteidigung gegen vorgeworfener Geschwin­dig­keits­über­schreitung erforderlich

Bei einem standa­r­di­sierten Messfahren obliege es dem Betroffenen, so das Amtsgericht, konkrete und einer Beweiserhebung zugänglichen Umstände zu einem Messfehler vorzutragen. Dazu bedürfe es zunächst der Einsicht in das Messprotokoll und den Eichschein des Messgeräts, in die Bedie­nungs­an­leitung sowie in die erforderlichen Fotos. Zudem müsse dem Betroffenen auf sein Verlangen hin die bei der Messung erstellte Messdatei zugänglich gemacht werden, um unter Hinzuziehung eines privaten Sachver­ständigen eventuelle Messfehler entdecken und im Verfahren substantiiert behaupten zu können. In diesem Zusammenhang verwies das Gericht darauf, dass ein zentrales Anliegen des rechtsstaatlich geordneten Bußgeld­ver­fahrens die Ermittlung des wahren Sachverhalts als der notwendigen Grundlage eines gerechten Urteils sei.

Verschlüsselung der Daten durch Hersteller steht Heraus­ga­be­ver­langen nicht entgegen

Für das Heraus­ga­be­ver­langen des Betroffenen sei es nach Auffassung des Amtsgerichts unerheblich, dass die Daten durch den Hersteller verschlüsselt werden und derzeit lediglich dieser zur Entschlüsselung in der Lage sei. Denn die Befugnis, über die Messdaten zu verfügen, stehe der Behörde zu, die diese Daten erzeugt und abgespeichert hat (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 27.08.2014 - 6 U 3/14 -). Es sei daher Sache der Verwal­tungs­behörde, die Rohdaten in unver­schlüs­selter Form zu beschaffen und dem Betroffenen zur Verfügung zu stellen. Sei die Behörde dazu nicht in der Lage, könne von der Möglichkeit des § 69 Abs. 5 des Ordnungs­wid­rig­kei­ten­ge­setzes Gebrauch gemacht werden.

Betroffener muss sich nicht an Gerätefirma wenden

Der Betroffene müsse die unver­schlüs­selten Rohdaten nach Ansicht des Gerichts nicht von der Gerätefirma anfordern. Denn diese sei zu einer Herausgabe an den Betroffenen nicht berechtigt, da sie keine Befugnis habe, über diese Daten zu verfügen (andere Ansicht: AG Kassel, Beschl. v. 27.02.2015 - 381 OWi - 9673 JS 32833/14 -.

Quelle: Amtsgericht Weißenfels, ra-online (vt/rb)

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