18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen ein Flugzeug am Himmel.

Dokument-Nr. 30282

Drucken
ergänzende Informationen

Amtsgericht Stuttgart Urteil23.10.2020

Kein Anspruch auf Stornogebühr bei Absage der Reise durch Reise­ver­an­stalter wegen Virus-PandemieFehlende Thera­pie­mög­lichkeit und Impfung begründet kostenloses Reise­rücktritts­recht

Storniert ein Reisender wegen einer Virus-Pandemie die Reise, so steht dem Reise­ver­an­stalter kein Anspruch auf Entschädigung gemäß § 651 h Abs. 1 Satz 3 BGB zu, wenn er ebenfalls die Reise absagt. Zudem begründet die fehlende Thera­pie­mög­lichkeit und Impfung ein kostenloses Reise­rücktritts­recht. Dies hat das Amtsgericht Stuttgart entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Wenige Tage vor Beginn einer mehrtägigen Flug- und Busrundreise durch Portugal im März 2020 erklärte die Reisende die Stornierung. Sie begründete dies mit dem sich ausbreitenden Corona-Virus. Die Reise­ver­an­stalterin sagte zwei Tage später ebenfalls die Reise ab. Dennoch verlangte sie von der Reisenden die Zahlung einer Stornogebühr. Da sich die Reisende weigerte dem nachzukommen, kam es zu einem Klageverfahren.

Kein Anspruch auf Entschädigung wegen Reiserücktritt

Das Amtsgericht Stuttgart entschied zu Gunsten der Reisenden. Der Reise­ver­an­stalterin stehe kein Anspruch auf Entschädigung gemäß § 651 h Abs. 1 Satz 3 BGB zu. Denn zum einen könne sich die Reisende auf außer­ge­wöhnliche Umstände im Sinne von § 651 h Abs. 3 BGB berufen. Zum anderen sei zu berücksichtigen, dass die Reise­ver­an­stalterin ebenfalls die Reise abgesagt hat.

Fehlende Thera­pie­mög­lichkeit und Impfung begründet außer­ge­wöhn­lichen Umstand

Entscheidend sei aus Sicht des Amtsgerichts, dass zum Zeitpunkt der Stornierung weder eine sichere Thera­pie­mög­lichkeit noch ein Impfstoff zur Verfügung stand noch dies absehbar war. Das Fehlen eines effektiven Schutzes gegen das Virus habe gerade bei einer mehrtägigen Flug- und Busreise die konkrete, letztlich vom Zufall abhängige Gefahr bestanden , dass es zu einem Infek­ti­o­ns­ge­schehen kommt. Es komme dabei nicht auf einen Vergleich der statistischen Anste­ckungs­wahr­schein­lichkeit am Wohnort und im Zielland an.

Bei Absage der Reise durch Reise­ver­an­stalter entfällt Anspruch auf Stornogebühr

Zudem führe die Absage der Reise durch die Reise­ver­an­stalterin nach Ansicht des Amtsgerichts zum Verlust des Anspruchs auf Zahlung einer Stornogebühr. Dass die Reisende der Reise­ver­an­stalterin mit ihrem Rücktritt zuvorgekommen war, ändere daran nichts. Eine Gegenleistung in Form eines Entschä­di­gungs­an­spruchs für eine Reise, die der Reise­ver­an­stalter weder durchgeführt hat noch hätte durchführen können und daher selbst abgesagt hat, könne er nicht verdienen.

Quelle: Amtsgericht Stuttgart, ra-online (vt/rb)

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil30282

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI