Dokument-Nr. 30282
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- NJW-RR 2021, 313Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2021, Seite: 313
- RRa 2021, 73Zeitschrift: Reiserecht aktuell (RRa), Jahrgang: 2021, Seite: 73
- Für kostenfreie Reisestornierung wegen Virus-Pandemie genügt gewisse Wahrscheinlichkeit für gesundheitsgefährdende AusbreitungAmtsgericht Köln, Urteil14.09.2020, 133 C 213/20
- Kostenfreier Reiserücktritt wegen voraussichtlicher umfassender Maskenpflicht am Urlaubsort wegen Virus-PandemieAmtsgericht Düsseldorf, Urteil12.02.2021, 37 C 420/20
Amtsgericht Stuttgart Urteil23.10.2020
Kein Anspruch auf Stornogebühr bei Absage der Reise durch Reiseveranstalter wegen Virus-PandemieFehlende Therapiemöglichkeit und Impfung begründet kostenloses Reiserücktrittsrecht
Storniert ein Reisender wegen einer Virus-Pandemie die Reise, so steht dem Reiseveranstalter kein Anspruch auf Entschädigung gemäß § 651 h Abs. 1 Satz 3 BGB zu, wenn er ebenfalls die Reise absagt. Zudem begründet die fehlende Therapiemöglichkeit und Impfung ein kostenloses Reiserücktrittsrecht. Dies hat das Amtsgericht Stuttgart entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Wenige Tage vor Beginn einer mehrtägigen Flug- und Busrundreise durch Portugal im März 2020 erklärte die Reisende die Stornierung. Sie begründete dies mit dem sich ausbreitenden Corona-Virus. Die Reiseveranstalterin sagte zwei Tage später ebenfalls die Reise ab. Dennoch verlangte sie von der Reisenden die Zahlung einer Stornogebühr. Da sich die Reisende weigerte dem nachzukommen, kam es zu einem Klageverfahren.
Kein Anspruch auf Entschädigung wegen Reiserücktritt
Das Amtsgericht Stuttgart entschied zu Gunsten der Reisenden. Der Reiseveranstalterin stehe kein Anspruch auf Entschädigung gemäß § 651 h Abs. 1 Satz 3 BGB zu. Denn zum einen könne sich die Reisende auf außergewöhnliche Umstände im Sinne von § 651 h Abs. 3 BGB berufen. Zum anderen sei zu berücksichtigen, dass die Reiseveranstalterin ebenfalls die Reise abgesagt hat.
Fehlende Therapiemöglichkeit und Impfung begründet außergewöhnlichen Umstand
Entscheidend sei aus Sicht des Amtsgerichts, dass zum Zeitpunkt der Stornierung weder eine sichere Therapiemöglichkeit noch ein Impfstoff zur Verfügung stand noch dies absehbar war. Das Fehlen eines effektiven Schutzes gegen das Virus habe gerade bei einer mehrtägigen Flug- und Busreise die konkrete, letztlich vom Zufall abhängige Gefahr bestanden , dass es zu einem Infektionsgeschehen kommt. Es komme dabei nicht auf einen Vergleich der statistischen Ansteckungswahrscheinlichkeit am Wohnort und im Zielland an.
Bei Absage der Reise durch Reiseveranstalter entfällt Anspruch auf Stornogebühr
Zudem führe die Absage der Reise durch die Reiseveranstalterin nach Ansicht des Amtsgerichts zum Verlust des Anspruchs auf Zahlung einer Stornogebühr. Dass die Reisende der Reiseveranstalterin mit ihrem Rücktritt zuvorgekommen war, ändere daran nichts. Eine Gegenleistung in Form eines Entschädigungsanspruchs für eine Reise, die der Reiseveranstalter weder durchgeführt hat noch hätte durchführen können und daher selbst abgesagt hat, könne er nicht verdienen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.05.2021
Quelle: Amtsgericht Stuttgart, ra-online (vt/rb)
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