21.11.2024
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Dokument-Nr. 30282

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Amtsgericht Stuttgart Urteil23.10.2020

Kein Anspruch auf Stornogebühr bei Absage der Reise durch Reise­ver­an­stalter wegen Virus-PandemieFehlende Thera­pie­mög­lichkeit und Impfung begründet kostenloses Reise­rücktritts­recht

Storniert ein Reisender wegen einer Virus-Pandemie die Reise, so steht dem Reise­ver­an­stalter kein Anspruch auf Entschädigung gemäß § 651 h Abs. 1 Satz 3 BGB zu, wenn er ebenfalls die Reise absagt. Zudem begründet die fehlende Thera­pie­mög­lichkeit und Impfung ein kostenloses Reise­rücktritts­recht. Dies hat das Amtsgericht Stuttgart entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Wenige Tage vor Beginn einer mehrtägigen Flug- und Busrundreise durch Portugal im März 2020 erklärte die Reisende die Stornierung. Sie begründete dies mit dem sich ausbreitenden Corona-Virus. Die Reise­ver­an­stalterin sagte zwei Tage später ebenfalls die Reise ab. Dennoch verlangte sie von der Reisenden die Zahlung einer Stornogebühr. Da sich die Reisende weigerte dem nachzukommen, kam es zu einem Klageverfahren.

Kein Anspruch auf Entschädigung wegen Reiserücktritt

Das Amtsgericht Stuttgart entschied zu Gunsten der Reisenden. Der Reise­ver­an­stalterin stehe kein Anspruch auf Entschädigung gemäß § 651 h Abs. 1 Satz 3 BGB zu. Denn zum einen könne sich die Reisende auf außer­ge­wöhnliche Umstände im Sinne von § 651 h Abs. 3 BGB berufen. Zum anderen sei zu berücksichtigen, dass die Reise­ver­an­stalterin ebenfalls die Reise abgesagt hat.

Fehlende Thera­pie­mög­lichkeit und Impfung begründet außer­ge­wöhn­lichen Umstand

Entscheidend sei aus Sicht des Amtsgerichts, dass zum Zeitpunkt der Stornierung weder eine sichere Thera­pie­mög­lichkeit noch ein Impfstoff zur Verfügung stand noch dies absehbar war. Das Fehlen eines effektiven Schutzes gegen das Virus habe gerade bei einer mehrtägigen Flug- und Busreise die konkrete, letztlich vom Zufall abhängige Gefahr bestanden , dass es zu einem Infek­ti­o­ns­ge­schehen kommt. Es komme dabei nicht auf einen Vergleich der statistischen Anste­ckungs­wahr­schein­lichkeit am Wohnort und im Zielland an.

Bei Absage der Reise durch Reise­ver­an­stalter entfällt Anspruch auf Stornogebühr

Zudem führe die Absage der Reise durch die Reise­ver­an­stalterin nach Ansicht des Amtsgerichts zum Verlust des Anspruchs auf Zahlung einer Stornogebühr. Dass die Reisende der Reise­ver­an­stalterin mit ihrem Rücktritt zuvorgekommen war, ändere daran nichts. Eine Gegenleistung in Form eines Entschä­di­gungs­an­spruchs für eine Reise, die der Reise­ver­an­stalter weder durchgeführt hat noch hätte durchführen können und daher selbst abgesagt hat, könne er nicht verdienen.

Quelle: Amtsgericht Stuttgart, ra-online (vt/rb)

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