Dokument-Nr. 27078
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- WuM 2019, 33Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2019, Seite: 33
Amtsgericht Siegburg Urteil17.10.2018
Kein Recht zur Eigenbedarfskündigung für nicht im Haushalt lebendes Stiefkind des VermietersStiefkind ist bei fehlender Verwandtschaft und Schwägerschaft mit Vermieter nicht als Familienangehöriger anzusehen
Eine Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kann nicht auf einen Bedarf des Stiefkindes des Vermieters gestützt werden, wenn das Kind nicht im Haushalt des Vermieters lebt und der Vermieter mit dem Kind weder verwandt noch verschwägert ist. Dies hat das Amtsgericht Siegburg entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall erhielt die Mieterin einer Wohnung in Troisdorf im September 2017 eine Kündigung wegen Eigenbedarfs. Der Vermieter lebte ebenfalls in dem Wohnhaus. Er begründete die Eigenbedarfskündigung damit, dass die Tochter seiner Lebensgefährtin nach dem Studium wieder in der Nähe ihrer Familie leben wollte und die Wohnung daher benötige. Der Vermieter hatte ein sehr enges Verhältnis zu dem Mädchen. Nach eigenen Angaben nahm er seit dem 14. Lebensjahr für sie die Stellung eines Vaters ein. Die Mieterin hielt die Kündigung für unzulässig und weigerte sich daher auszuziehen. Der Vermieter erhob daraufhin Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.
Kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe
Das Amtsgericht Siegburg entschied gegen den Vermieter. Ihm stehe kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung zu, da die Kündigung wegen Eigenbedarfs unwirksam sei. Das Stiefkind des Vermieters gehöre nicht zum in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB genannten Personenkreis.
Stiefkind keine Angehörige des Haushalts
Da das Stiefkind nicht in der Wohnung des Vermieters lebte, so das Amtsgericht, sei sie keine "Angehörige seines Haushalts" im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB.
Stiefkind keine Familienangehörige
Nach Auffassung des Amtsgerichts sei das Stiefkind auch keine Familienangehörige im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Denn sie sei weder verwandt noch verschwägert mit dem Vermieter. Zwar habe sich über die letzten Jahre und Jahrzehnte das Verständnis von "Familie" durchgreifend verändert. Dennoch dürfe nicht verkannt werden, dass der Begriff "Familienangehöriger" dem Schutzzweck entsprechend eng auszulegen sei und im Sinne der Rechtssicherheit auch für den Mieter erkennbar sein müsse, welcher Personenkreis dem privilegierten Status unterfalle. Mit dem Gesetzeszweck unvereinbar wäre es, wenn sich die Auslegung des Begriffs "Familienangehöriger" gänzlich vom Merkmal der Verwandtschaft und Schwägerschaft lösen und nur noch auf die enge soziale und persönliche Bindung zwischen Vermieter und Dritten abstellen würde.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.02.2019
Quelle: Amtsgericht Siegburg, ra-online (zt/WuM 2019, 33/rb)
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