Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die beiden Kläger hatten nach einer 17tägigen All-inclusive-Reise für 1599 DM nach Sri Lanka Minderung des Reisepreises wegen Mängel verlangt. Folgende Mängel wurden aufgelistet: Bahnlinie hinter dem Hotel, Verrichten der Notdurft der Dorfbewohner in der freien Landschaft, Schlange unter dem Liegestuhl, Ratte im Treppenhaus, Kakerlaken in der Toilette, Drahtstück auf der Liegewiese, fünftägiger Ausfall der Toilettenspülung und fehlende Beinfreiheit im Flugzeug. Die Beklagte bot das Hotel im Prospekt als 2 ½ Sterne an und bezeichnete die Lage des Hotels als "idyllisch".
Das Amtsgericht Nürnberg entschied überwiegend gegen die Kläger. Ein Anspruch auf Reisepreisrückzahlung wegen Minderung gemäß § 651 c Abs. 1 BGB habe nur wegen der defekten Toilettenspülung und der fehlenden Beinfreiheit bestanden.
Es führte zunächst aus, dass wesentlicher Maßstab für die Beurteilung sei, ob ein Reisemangel vorliege, welche Reiseart und -qualität geschuldet werde. Dabei sei der vereinbarte Reisepreis ein wesentliches Kriterium dafür, welcher Standard erwartet werden könne. Vorliegend sei der Reisepreis derart niedrig gewesen, dass als vertraglich geschuldete Leistungen nur solche der allereinfachsten Kategorie erwartet werden durften. Des Weiteren werde durch die Bezeichnung als "idyllisch" keine ruhige Lage beschreiben.
Davon ausgehend stelle nach Ansicht des Amtsgerichts der Verlauf einer Bahnlinie in unmittelbarer Nähe zum Hotel keinen Mangel dar. Durch eine eingleisige Bahnlinie direkt hinter dem Hotel sei noch nicht ausgeschlossen, die Lage des Hotels als "idyllisch" zu bezeichnen. Wenn aber die Kläger gerade auf Ruhe aus waren, hätten sie sich dies ausdrücklich zusichern lassen müssen.
Gleiches gelte für das anliegende Dorf. Werde ein Hotel nicht ausdrücklich als ruhig gebucht, so stellen die von einem anliegenden Dorf ausgehenden üblichen Lebensäußerungen der Bewohner keinen Mangel dar.
Weiterhin stellen die Verunreinigungen am Strand außerhalb des Hotelbereichs keinen Mangel dar, so das Amtsgericht weiter. Bei der Verrichtung der "Geschäfte" im Freien handele es sich um eine ortsübliche Gepflogenheit und finde zudem außerhalb der Hotelanlage statt. Wer ein fremdes Land bereise, müsse sich damit abfinden, dass er dort andere Sitten vorfinde.
Nach Auffassung des Amtsgerichts bestehe hinsichtlich einer einzelnen Schlange unter einem Liegestuhl kein Minderungsrecht. Denn in einem tropischen Land könne zumindest im Außenbereich einer Hotelanlage nicht zuverlässig ausgeschlossen werden, dass eine Schlange dorthin gelange.
Das Amtsgericht führte weiter aus, dass auch ein einzelnes Drahtstück auf der Liegewiese keinen Reisemangel darstelle. Zwar könne selbst bei einer Billigreise erwartet werden, dass eine zum Hotel gehörende Liegewiese in regelmäßigen Abständen daraufhin überprüft werde, ob sich dort Abfälle oder dergleichen befinden. Dennoch könne nicht völlig ausgeschlossen werden, dass ein einzelnes Drahtstück bei einer einigermaßen gewissenhaften Inspektion der Wiese übersehen werde. Darüber hinaus verwirkliche derjenige, der barfuß durch eine Wiese läuft, das allgemeine Lebensrisiko, wenn er in ein Drahtstück trete.
Eine einzige Ratte im Treppenhaus des Hotels stelle nach Ansicht des Amtsgerichts in einem tropischen Billig-Hotel ebenso keinen Reisemangel dar, wie Kakerlaken in der Toilette.
Demgegenüber sei der zeitweise Ausfall der Toilettenspülung als ein Mangel anzusehen. Das Amtsgericht hielt eine Minderung von 10 % für die fünf Tage bis zur Reparatur für angemessen. Die fehlende Beinfreiheit rechtfertige eine Minderung von 30 % für einen Tag. Zwar sei an dem Komfort im Flugzeug bei einer billigreise grundsätzlich keine besonderen Anforderungen zu stellen. Hier sei aber zu beachten, dass eine Flugreise von zehn Stunden vorlag.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.11.2012
Quelle: Amtsgericht Nürnberg, ra-online (zt/NJW-RR 1999, 567/rb)