18.10.2024
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Amtsgericht München Urteil10.09.2009

Keine Reise­preis­min­derung wegen All-Inklusiv-Armband: Nicht jede Unannehm­lichkeit ist als Reisemangel zu bewertenMinderung nur für nicht vorhandene oder mangelhafte Angebote der Leistungs­be­schreibung

Nicht jede Unannehm­lichkeit während einer Reise stellt einen Reisemangel dar. Auch bei einer Roulette-Reise sind bei der Beurteilung, ob ein Mangel vorliegt, die Leistungs­be­schreibung und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Dies entschied das Amtsgericht München.

Im zugrunde liegenden Fall buchte ein Paar im Jahr 2008 bei einem Reise­un­ter­nehmen eine so genannte Roulette-Reise zum Preis von 1688,- Euro. Sie wollten in der zweiten Septemberhälfte in Kalabrien Urlaub machen. Gewünscht war eine Unterbringung in einem von der Beklagten zu bestimmenden 4-Sterne-Hotel mit All-Inklusive-Leistungen.

Direkter Strandzugang des Hotels durch Haupt­ver­kehr­s­s­trasse und Bahnlinie unterbrochen

Die spätere Klägerin und ihr Lebensgefährte wurden in einem Hotel untergebracht, das oberhalb einer Haupt­ver­kehr­s­s­trasse und einer Bahnlinie lag, die sich zwischen Hotelanlage und Strand befand. Dadurch wurde das Hotel vom direkten Zugang zum Strand abgeschnitten.

Reisende bemängeln Baulärm, eintönige Verpflegung und zahlreiche andere Umstände

Nicht nur das störte die Reisenden. Sie bemängelten Baulärm, die Tatsache, dass eine angebotene Thalas­so­therapie nicht durchgeführt werden konnte, kein Radio im Zimmer war, beim Fernseher nur der Empfang einzelner Satel­li­ten­sender möglich war, All-Inklusive-Bänder getragen werden mussten, die Verpflegung eintönig war, eine Tauchbasis fehlte, ein reiner Steinstrand vor Ort war, der nur mit einer dünnen Sandschicht aufgefüllt wurde, der Wasserpegel im Pool zu niedrig war, die Sportanimation in einer Stunde Beachvolleyball bestanden habe und die Pianobar zu laut war.

Reisebüro lehnt Erstattung von Reisekosten ab

Der Urlaub habe daher nicht den geringsten Erlebnis- und Erholungswert gehabt. Die Urlauber forderten daher 1750,- Euro (einschließlich Geld für entgangene Urlaubsfreude) zurück. Dies lehnte das Reisebüro jedoch ab.

Angeblich eintönige Verpflegung ist nicht nachweisbar und rechtfertigt keine Reise­preis­min­derung

Die Urlauber erhoben darauf hin Klage vor dem Amtsgericht München. Die zuständige Richterin gab ihnen jedoch nur in einem kleinen Umfang Recht. Nicht jede Unannehm­lichkeit während einer Reise stelle einen Reisemangel dar. Die Buchung eines All-Inklusive-Angebots bedeute keinen höheren Standard bei der Verpflegung. Warum eine Verpflegung auf Grund von Eintönigkeit ungenießbar sein solle, vermöge das Gericht nicht nachzu­voll­ziehen. Es sei ebenso nicht verständlich, warum etwas eintönig sein solle, wenn regelmäßig ein Fleisch- und ein Fischgericht angeboten werden. Auch sofern nur eine Sorte Eier, Käse und Wurst beim Frühstück angeboten worden sein soll, sei dies nicht geeignet eine Reisepreisminderung zu begründen. Ein Anstehen am Büfett möge lästig sein, sei jedoch hinzunehmen.

Beein­träch­tigung des Urlaubs durch fehlenden Musik-TV-Sender nicht nachvollziehbar

Dass eine Sportanimation nur in einer Sportart bestand, berechtige ebenfalls nicht zur Minderung. Radio und spezielle Satel­li­ten­sender seien nicht zugesichert gewesen. Auch wenn es sich um ein 4-Sterne-Hotel handele, bedeute dies nicht, dass auf jedem Zimmer ein Radio vorhanden sein müsse. Das Gericht könne nicht nachvollziehen, weshalb das Fehlen eines Musik-TV-Senders einen Urlaub maßgeblich beeinträchtigen solle.

Tragen von All-Inklusive-Bändern stellt keine herabwürdigende Behandlung dar

Das Tragen von Armbändern stelle keine Beein­träch­tigung dar (anders: LG Frankfurt am Main, Urteil v. 19.08.1998 - 2/24 S 341/98 -). Die so vorgenommene Gäste­kenn­zeichnung sei, auch wenn es sich um ein billiges Plastikarmband handele, keine herabwürdigende Behandlung der Reisenden.

Pianobar und Steinstrand müssen hingenommen werden

Da bekannt gewesen sei, dass das Hotel über eine Pianobar verfüge, hätte auch mit Pianomusik gerechnet werden müssen. Eine Minderung komme daher nicht in Betracht. Und da eine bestimmte Strand­zu­sam­men­setzung nicht zugesichert wurde, sei auch ein Steinstrand hinzunehmen. Ansonsten sei die Hotel­be­schreibung heranzuziehen.

Minderung wegen nicht möglichem Tauchkurs und Thalas­so­therapie zulässig

Da das Hotel im Katalog Tauchkurse anbot, eine Tauchbasis aber fehlte, sei insoweit eine Minderung gerechtfertigt. Dasselbe gelte für die fehlende Thalas­so­therapie.

Minderung wegen fehlender Hinweise in Leistungs­be­schreibung ebenfalls zulässig

Der geringe Wasserstand habe das Schwimmen beeinträchtigt. Dieser Zustand habe eine Woche den Urlaub gestört. Dafür sei eine Minderung zu gewähren. Auch der Baulärm berechtige zur Minderung (siehe auch: LG Frankfurt am Main, Urteil v. 31.01.2009 - 2/24 S 243/06, 2-24 S 243/06 -, ebenso wie die zwischen Hotel und Strand sich befindende Eisenbahnlinie. Darauf hätte in der Leistungs­be­schreibung hingewiesen werden müssen, da man damit nicht rechnen müsse.

Insgesamt ergäbe sich daher eine Minderung von 370,- Euro.

Quelle: ra-online, AG München

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