21.11.2024
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Dokument-Nr. 30667

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Amtsgericht München Urteil15.06.2021

Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel im Zustand der Schul­d­un­fä­higkeit führt zur Anordnung der Unterbringung in eine Entzie­hungs­anstalt zur BewährungAG München zur Schuldfähigkeit bei Schizophrenie und Drogenkonsum

Das Amtsgericht München hat für einen 37jährigen Erwerbs­unfähigkeits­rentner aus München die Unterbringung in eine Entzie­hungs­anstalt angeordnet und setzte die Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wobei er ihm auferlegte, die bereits begonnene Therapie fortzuführen, deren Fortführung dem Gericht unaufgefordert alle sechs Monate nachzuweisen und die Therapie nicht gegen den Rat des behandelnden Arztes abzubrechen.

Das Gericht sah folgenden Sachverhalt als erwiesen an: Am 29.05.2018 gegen 01.05 Uhr wurde der Beschuldigte komatös in das Innen­stadt­klinikum der LMU München eingeliefert. Die geschädigte Ärztin untersuchte den Beschuldigten körperlich. Dabei wachte der Beschuldigte auf und schlug unvermittelt und ohne recht­fer­ti­genden Grund um sich in Richtung der Ärztin, um sie zu verletzen. Diese konnten rechtzeitig ausweichen. Dann riss er den rechts neben seinem Bett angebrachten Überwa­chungs­monitor aus der Leiste, in welcher die medizinische Elektronik verläuft und warf diesen auf den Boden, wo er zersplitterte. Auch diese Leiste riss er aus der Wand. Der Sachschaden betrug 13.477,94 EUR. Der Beschuldigte war in den Jahren von 2012 bis 2019 wegen vorsätzlicher und fahrlässiger Körper­ver­letzung, Betruges, fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr, Leistungs­er­schleichung und unerlaubten Erwerbs von Betäu­bungs­mitteln insgesamt sechsmal zu Geldstrafen in mittlerer Höhe verurteilt worden.

Drogen­miss­brauch und paranoide Schizophrenie des Beklagten

Sein Verteidiger erklärte, dass sein zwischen­zeitlich seit zwei Jahren unter gesetzlicher Betreuung stehende Mandant unter wiederkehrenden Muskellähmungen leide und keine Erinnerungen an das Ereignis mehr habe. Nach diesem Vorfall habe er sich für etwa drei bis vier Monate in stationärer Behandlung befunden. Es bestehe kein Zusammenhang zwischen einem Hang zum Rausch­mit­tel­miss­brauch und dem Vorfall, erst recht keine Gefahr, dass vom Beschuldigten infolge eines solchen Hangs weitere erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten seien. Die seinerzeit den Beschuldigten behandelnde Ärztin gab als Zeugin an, dass dieser unerwartet aus dem Bett aufgesprungen sei: "Den Monitor riss er aus der Wand - samt Halterung und Rohren, die in der Wand verankert waren. Der Patient kniete sich am Bettende hin. Als der Patient aus dem Bett sprang, schlug er um sich, verletzte aber niemand. Zwei Bettplätze waren für mehrere Wochen unbenutzbar. Die Sachverständige erklärte, dass neben der festgestellten Drogen- und Alkohol­in­to­xi­kation zum Vorfa­lls­zeitpunkt bei der Untersuchung von Haaren des Beschuldigten ein schädlicher Gebrauch von Alkohol und Cannabis festgestellt worden war. Er leide bei einer paranoiden Schizophrenie und einer Abhängigkeit von diversen Substanzen und Alkohol an Halluzinationen und Konzen­tra­ti­o­ns­s­tö­rungen, unterziehe sich derzeit aber konsequent einer entsprechenden psychiatrischen Behandlung. Es gebe keine Erkenntnisse über eine nunmehrige Abstinenz des Beschuldigten. Seine Schuldfähigkeit sei zum Tatzeitpunkt jedenfalls gemindert, vielleicht sogar aufgehoben gewesen.

Bewährung wegen Schul­d­un­fä­higkeit des Beklagten

Nach Auffassung des AG sei der Beschuldigte aufgrund seiner paranoiden Schizophrenie und einer Substanz- und Alkoho­l­ab­hän­gigkeit zum Tatzeitpunkt einer pathologischen alkohol- und drogen­in­du­zierten Rauschin­to­xi­kation unterlegen. "Der Beschuldigte war daher nicht in der Lage, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln." Im Zustand der Schul­d­un­fä­higkeit habe er eine versuchte Körper­ver­letzung und eine Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel begangen. "Es bestehe auch weiterhin die Gefahr, dass der Beschuldigte bei einem Rückfall aufgrund seines Hanges neue erhebliche Straftaten begehen würde. Mittlerweile haben sich die Lebens­ver­hältnisse des Beschuldigten geändert, er lebt in einer festen Beziehung. Er hat freiwillig einen Betreuer sich bestellen lassen und eine Therapie begonnen. Daher sieht es auch das Gericht als ausreichend an, die Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung auszusetzen.

Quelle: Amtsgericht München, ra-online (pm/aw)

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