23.11.2024
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Amtsgericht München Urteil18.04.2018

Wohnungs­ei­gentümer steht bei nicht genehmigter Anbringung einer Gaststät­ten­markise ein Beseitigungs­anspruch zuZudem ist Nutzung einer gewerblichen Teil­eigentums­einheit zu Wohnzwecken bei entsprechender Regelung in Gemeinschafts­ordnung zulässig

Das Amtsgericht München hat entschieden, dass eine an einem Haus angebrachte Gaststät­ten­markise, für die es keinen erforderlichen Eigen­tü­mer­be­schluss gibt, zu entfernen ist. Zudem wies das Gericht darauf hin, dass eine in der Gemeinschafts­ordnung unbeschränkt erlaubte Nutzung­s­än­derung auch ein Miteinander von gewerblicher Nutzung und einer solchen zu Wohnzwecken ermöglicht.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die klagende Rechtsanwältin und der beklagte Verpächter sind Mitglieder einer WEG. Die Klägerin ist Eigentümerin im ersten Stock gelegener Räume, die in der Teilungserklärung als "Gewerbliche Einheit" bezeichnet werden und ihr als Kanzleisitz dienen. Sie nutzt eines der Zimmer zu Wohnzwecken. Der Beklagte ist Eigentümer der direkt darunter im Erdgeschoss gelegenen Teilei­gen­tum­s­einheit, die als "Gewerbliche Einheit (Tagescafé und Laden)" bezeichnet ist. Die Gemein­schafts­ordnung enthält folgende "Gebrauchs­re­gelung": "Die jeweiligen Inhaber der Teilei­gen­tums­rechte (gewerbliche Einheiten) sind berechtigt, diese auch zu anderen Zwecken, auch zu Wohnzwecken, ohne jede Einschränkung der Nutzungsart zu nutzen. Dies gilt, soweit nicht behördliche Bestimmungen entgegenstehen." Eine weitere Regelung besagt: "Zur Anbringung von Außenmarkisen bedarf es des Beschlusses der Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft mit einfacher Mehrheit."

Genehmigender Eigen­tü­mer­be­schluss für Markise nicht vorhanden

Der Beklagte verpachtete seine Einheit an einen Gastwirt, der auch die Außenterrasse nutzt. Über ihr ist seit 2016 eine etwa 4-5 m auskragende motorbetriebene helle Markise angebracht. Die Markise befindet sich direkt unterhalb der Fenster der Klägerin. Es liegt kein die Anbringung der Markise genehmigender Eigen­tü­mer­be­schluss vor.

Klägerin fühlt sich durch Markise und Lärm des Lokals belästigt

Die Klägerin machte geltend, dass sie durch Motoren­ge­räusche und Vibrationen beim Ein- und Ausfahren sowie durch die Blendwirkung der ausgefahrenen Markise erheblich gestört werde. Die Markise verändere das äußere Erschei­nungsbild der Fassade. Obwohl in den Räumen des Klägers nur ein Tagescafé betrieben werden dürfe, werde das Restaurant als italienisches Speise­re­staurant in den Sommermonaten mit entsprechender Lärmbelästigung oftmals weit über 22 Uhr hinaus betrieben. Sie beantragt neben der Entfernung der Markise die Einstellung des Restau­rant­be­triebes bis jeweils spätestens 22 Uhr.

Beklagter verlangt Untersagung der Räume der Klägerin zu Wohnzwecken

Der Beklagte verlangte umgekehrt der Klägerin zu verbieten, ihre Räume zu Wohnzwecken zu nutzen. Eine Genehmigung der Nutzung­s­än­derung der Gewerbeeinheit der Klägerin zu Wohnzwecken sei nicht eingeholt worden. Würde die Klägerin ihre Räume nur als gewerbliche Einheit nutzen, so würde sie der Gaststät­ten­betrieb abends und nachts nicht stören. Ihm seien Betriebszeiten bis 24 Uhr für den Gastraum und 22 Uhr für den Wirtschafts­garten behördlich genehmigt worden.

Erforderlicher Gemein­schafts­be­schluss der WEG für Anbringung der Markise liegt unstreitig nicht vor

Das Amtsgericht München bejahte lediglich den Anspruch auf Entfernung der Markise und wies die Klagen im Übrigen ab. Die streit­ge­gen­ständliche Markise sei zum einen eine gegenständliche Umgestaltung des Gemein­schafts­ei­gentums, indem sie das äußere Erschei­nungsbild der im Gemein­schafts­ei­gentum stehenden Sonder­nut­zungs­fläche verändere. Dies würden bereits die vom Gericht in Augenschein genommenen Lichtbilder zeigen. Zum anderen bedeute die feste Verankerung der Markise in der Außenwand des Anwesens und des Stützgerüstes der Markise im Boden der Sonder­nut­zungs­fläche einen Eingriff in die Substanz des gemein­schaft­lichen Eigentums. Unstreitig fehle es aber am deswegen erforderlichen Gemein­schafts­be­schluss der WEG.

Gemein­schafts­ordnung erlaube ausdrücklich Nutzung der Wohnung zu gewerblichen Zwecken und zu Wohnzwecken

Ein Restaurant sei zwar kein Tagescafé und gewerbliche Nutzung von Räumen sei auch grundsätzlich nicht mit Wohnzwecken vereinbar. Die Gemein­schafts­ordnung erlaube aber ausdrücklich eine jeweils andere Nutzung, insbesondere auch zu Wohnzwecken, ohne jede Einschränkung der Nutzungsart. Die allgemein geltende gesetzliche Verpflichtung von dem gemein­schaft­lichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungs­ei­gentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst, sei hier ebenfalls nicht verletzt.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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