21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.
ergänzende Informationen

Amtsgericht München Urteil16.10.2009

Video­über­wachtes Treppenhaus verletzt Persön­lich­keits­rechte der MieterUnerwünschte Kontrolle und Überwachung durch Dritte stellt Verstoß gegen allgemeines Persön­lich­keitsrecht dar

Die Überwachung des Hauseingangs durch eine Kamera stellt einen erheblichen Eingriff in das Persön­lich­keitsrecht des Mieters dar. Dieser wäre nur gerechtfertigt, wenn die Überwachung zur Abwehr schwerwiegender Beein­träch­ti­gungen erforderlich wäre. Ist dies nicht der Fall, kann die Entfernung der Videokamera verlangt werden.

Der Vermieter einer Wohnung installierte im Oktober 2008 im Treppenhaus seines Mietshauses im Erdgeschoss eine Videokamera. Die Kamera war von innen auf die Eingangstüre gerichtet und erfasste jede Person, die das Haus betrat und sich im Eingangsbereich aufhielt.

Mieterin sieht sich in Persön­lich­keits­rechten verletzt

Eine Mieterin des Anwesens sah dies und forderte den Vermieter auf, die Kamera zu entfernen. Als er dies verweigerte, erhob sie Klage vor dem AG München. Schließlich sei ihr Persönlichkeitsrecht verletzt.

Vermieter hält Überwachung zur Vorbeugung gegen Vandalismus und Diebstahl für zulässig

Dies sah der Vermieter anders: Vor dem Anwesen seien Fahrräder gestohlen, die Hausein­gangstüre sowie der Hausein­gangs­bereich mit Farbe besprüht worden. Deshalb sei er berechtigt, die Kamera anzubringen.

Verstoß gegen das allgemeine Persön­lich­keitsrecht

Der zuständige Richter des AG München gab der Mieterin jedoch Recht:

Die Überwachung des Hauseingangs durch eine Kamera – und zwar unabhängig davon, ob eine Speicherung der Bilder erfolge – stelle einen erheblichen Eingriff in das Persön­lich­keitsrecht des Mieters dar. Das allgemeine Persön­lich­keitsrecht umfasse auch die Freiheit von unerwünschter Kontrolle und Überwachung durch Dritte. Dies beinhalte für den Mieter einer Wohnung nicht nur die Freiheit, die eigene Wohnung zu verlassen und zu betreten, ohne dass dies überwacht werde. Es beinhalte auch das Recht, ungestört und unüberwacht Besuch zu empfangen.

Unterscheidung zwischen offener oder verdeckter Überwachung hier unerheblich

Der Eingriff wäre allenfalls gerechtfertigt gewesen, wenn die Überwachung zur Abwehr von schwerwiegenden Beein­träch­ti­gungen des Beklagten erforderlich und eine drohende Rechts­ver­letzung anderweitig nicht zu verhindern gewesen wäre. Entgegen der Ansicht des Vermieters komme es hierbei nicht darauf an, ob eine offene oder verdeckte Überwachung vorliege. Bei einer offenen Überwachung könne der Mieter zwar sein Verhalten darauf einstellen, dass er überwacht werde, die Überwa­chungs­funktion und Unfreiheit bleibe aber bestehen.

Vandalismus- oder Diebstahlsfälle hätten allenfalls durch Außenkamera verhindert werden können

Für eine derartige Rechtfertigung lägen keine Gründe vor. Konkret habe nur ein Vorfall berichtet werden können, bei dem eine Besprühung der Hausein­gangstüre, der Klingel, des Lichtschalters und des Gehweges erfolgt sei. Es sei schon fraglich, ob ein einmaliger Vorfall überhaupt ausreichen würde. Eine Überwachung wäre jedenfalls nur gerechtfertigt, wenn diese derartige Vorfälle auch verhindern könnte. Dies sei jedoch nicht der Fall. Der im Außenbereich besprühte Bereich könne allenfalls bei geöffneter Hauseinganstür von der Kamera erfasst werden. Bei geschlossener Türe nütze die Kamera nichts. Diese sei daher zur Verhinderung von Straftaten nicht geeignet. Das gelte auch für gestohlene Fahrräder, da die Kamera die Abstellplätze nicht erfasse.

Quelle: ra-online, AG München

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil9478

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI