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Amtsgericht München Urteil23.06.2016

Unfall im Parkhaus: Beteiligte haften jeweils zu 50 ProzentAuch von rechts kommendes Fahrzeug muss mit erhöhter Vorsicht fahren

Ein Fahrzeugfahrer muss beim Befahren eines Parkplatzes stets mit ein- und ausparkenden bzw. anderen fahrenden Fahrzeugen rechnen und hat eine besondere Rücksichtnahme­pflicht. Dies kann dazu führen, dass auch der Vorfahrts­berechtigte mit 50 Prozent haftet. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts München hervor.

Im zugrunde liegenden Streitfall kam es im Jahr 2013 im Erdgeschoss des Parkhauses eines großen Möbelhauses in Taufkirchen zu einem Verkehrsunfall. Beide Fahrzeugführer wollten das Parkhaus verlassen. Der beklagte Münchner fuhr mit seinem Pkw Passat geradeaus. Er befand sich auf der Straße, die einmal durch das ganze Parkhaus führt und von der links und rechts Querstraßen abzweigen, in denen sich die einzelnen Parkplätze befinden. Der Pkw Skoda der Klägerin kam aus Sicht des Beklagten von rechts aus einer dieser Querstraßen. Die Breite der Fahrstraße, auf der sich das Beklag­ten­fahrzeug befand, beträgt 5 Meter, die der Querstraßen 6 Meter. Alle Straßen sind asphaltiert. Im Kreuzungs­bereich kam es zum Unfall der beiden Fahrzeuge. Die Klägerin macht einen Schaden von insgesamt 5.138,75 Euro an ihrem Skoda geltend. Sie behauptet, der Passat sei mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit gefahren und habe die Vorfahrt missachtet. Die Versicherung des Beklagten hat vor dem Prozess bereits die Hälfte des Schadens in Höhe von 2.569,37 Euro beglichen. Mit der Klage verlangt nun die Klägerin den Restbetrag in gleicher Höhe.

Beteiligte haften zu je 50 Prozent

Das Amtsgericht München wies die Klage ab. Nach dem Urteil haften die beiden Unfall­be­tei­ligten jeweils mit 50 Prozent. Da die Versicherung des Beklagten vorgerichtlich bereits 50 Prozent des Schadens der Klägerin beglichen hat, schulden der Beklagte und seine Versicherung nach dem Urteil der Klägerin keinen weiteren Schadensersatz.

Gericht bejaht "rechts vor links"-Regel bei Parkplätzen mit "gewissem Straßen­cha­rakter"

Inwieweit die Vorfahrtsregel des § 8 Absatz 1 StVO auf einem Parkplatz Anwendung finde, hänge davon ab, ob die Fahrspuren lediglich dem ruhenden Verkehr d. h. dem Suchverkehr dienen, oder ob sie darüber hinaus Straßen­cha­rakter besitzen, so das Gericht. Entscheidend für diese Beurteilung seien die sich den Kraftfahrern bietenden baulichen Verhältnisse, insbesondere die Breite der Fahrspuren sowie ihre Abgrenzung von den Parkboxen. Im vorliegenden Fall sei wegen der breit ausgebauten Straßen ein "gewisser Straßen­cha­rakter" anzunehmen und an den Schnittpunkten der Straßen die "rechts vor links"-Regel anzuwenden, entschied das Gericht. Daneben gelte aber eine besondere und spezifische Rücksicht­nah­me­pflicht aller Verkehrs­teil­nehmer, die bedeute, dass jeder Verkehrs­teil­nehmer auf einem solchen Parkplatz, auch ein von rechts Kommender, mit erhöhter Vorsicht fahren muss. Ein Nutzer müsse also beim Befahren des Parkplatzes stets mit ein- und ausparkenden bzw. -fahrenden Fahrzeugen rechnen.

Unfall wäre bei Wahrnehmung der Rücksicht­nah­me­pflichten vermeidbar gewesen

Das Gericht hat ein Sachver­stän­di­gen­gut­achten eingeholt und sich den Feststellungen des Sachver­ständigen angeschlossen. Danach hätte der Unfall vermieden werden können, wenn beide Beteiligte vorliegend ihre sich aus dem Parkplatz­ver­hältnis ergebende besondere Rücksicht­nah­me­pflicht erfüllt hätten. Die Gegebenheiten auf dem Parkplatz ließen es vorliegend nicht zu, dass die Führerin des klägerischen Fahrzeugs sich blind auf ihr Vorfahrtsrecht nach der "rechts vor links"-Regel verlasse. Dies insbesondere, als die Straße, auf der sich der Beklagte befand, geradeaus durch das Parkhaus durchführt und von allen Verkehrs­teil­nehmern genutzt werden muss, um zur Ausfahrt zu gelangen. Auf dieser Straße sei ständig mit Begeg­nungs­verkehr zu rechnen, so das Gericht weiter. Das Gericht kommt zu einer Haftungs­ver­teilung von 50 Prozent für beide Parteien.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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