Amtsgericht München Urteil11.10.2024
Baufirma muss wegen Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten einem Radfahrer 300 Euro Schmerzensgeld zahlenFahrradunfall wegen Baustelle
Ein Radfahrer, der in München im Baustellenbereich stürzte, hat Anspruch auf Schmerzengeld. Die Baufirma hat gegen ihre Verkehrssicherungspflicht verstoßen. Da die Gefahr aber für jedermann sichtbar war, muss sich der Radfahrer ein erhebliches Mitverschulen anrechnen lassen. Das Amtsgericht München hielt 300 Euro Schmerzensgeld für angemessen.
Der Münchner Kläger fuhr am 09.06.2023 mit dem Fahrrad zu seinem Büro und hatte dabei an einer Baustelle einen mit Kies gefüllten, 133cm breiten und 4 bis 5cm tiefen Spalt quer über die Fahrbahn zu queren. Als der Kläger nach rechts Gegenverkehr auswich und den Spalt daher diagonal querte, kam er zu Sturz. Da der Kläger seit einem halben Jahr den Spalt auf dem Weg zum Büro täglich mit dem Fahrrad querte, war ihm dieser bekannt.
Fahrradfahrer verlangt 1000 Euro Schmerzensgeld
Der Kläger behauptete, aufgrund des Spalts gestürzt zu sein. Die Baustelle sei nicht abgesichert gewesen. Er habe Schürfwunden an Ellenbogen, Hüfte und Knie erlitten. Zudem hätten sich bereits mehrere Personen bei der Stadt München über die Baustelle beschwert. Der Kläger verklagte daraufhin die Baufirma vor dem Amtsgericht München auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 €.
Das Amtsgericht ging nach Durchführung einer Beweisaufnahme davon aus, dass der Kläger aufgrund des Spalts stürzte und sprach ihm ein Schmerzensgeld von 300 € zu. Die Beklagte beauftragte zwar einen Subunternehmer mit der Durchführung der Straßenarbeiten und delegierte dadurch ihre Verkehrssicherungspflichten, sie trafen aber weiterhin Kontroll- und Überwachungspflichten. Da die Stadt die Beklagte mehrfach zur Versiegelung des Spalts aufgefordert hatte, kam die Beklagte ihren Verkehrssicherungspflichten nicht nach. Das Amtsgericht führte aus:
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Schmerzensgeld berücksichtigt Verletzungsbild in Form der Art und Dauer der Beeinträchtigungen und der vorhandenen Schmerzen
„[…] bei einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, [kann] eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden. Das Gericht hat die Höhe der billigen Entschädigung unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles nach freiem Ermessen […] festzusetzen. […] Als Folgen sind zu berücksichtigen das Verletzungsbild in Form der Art und Dauer der Beeinträchtigungen und vorhandenen Schmerzen […].
Kürzung des Schmerzensgelds wegen erheblichen Mitverschuldens des Radfahrers
Ferner ist in die Abwägung das erhebliche Mitverschulden des Klägers gemäß § 254 BGB an der Schadensentstehung einzustellen. Denn er ist sehenden Auges ein für jedermann erkennbares Risiko eingegangen, indem er die mit Schotter gefüllte Rille diagonal mit dem Fahrrad überquerte. Der Kläger fuhr auf dem Weg zur Arbeit täglich zwei Mal über die Rille. […] Es wäre dem Kläger bei angepasster Fahrweise durchaus zuzumuten gewesen, vor der Rille anzuhalten, zumal gleichzeitig Gegenverkehr entgegenkam, dem der Kläger ausweichen musste, und sich die Unfallstelle kurz vor einer Kreuzung befand. […]
Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Beklagtenseite ein erhebliches Verschulden trifft. […] Der Beklagten war […] durchaus bewusst, dass die mit Kies gefüllte Lücke im Asphalt nicht den Verwaltungsvorschriften der Stadt München entspricht und sie ihren Überwachungspflichten daher nicht ausreichend nachgekommen ist.
Das Urteil ist rechtskräftig.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.04.2025
Quelle: Amtsgericht München, ra-online (pm/pt)