18.10.2024
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Dokument-Nr. 31923

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Amtsgericht München Urteil16.11.2021

Kredit­karten­rechnung muss auch bei Einsatz in Onlinecasino beglichen werdenZahlungs­dienste­vertrag mit Bank nicht von der Nichtigkeit nach § 134 BGB erfasst

Das AG München entschied, dass eine Kredit­karten­rechnung auch bei Einsatz in einem Onlinecasino beglichen werden muss.

Der Beklagte hatte von der Klägerin, einer großen deutschen Bank, eine Kreditkarte erhalten. Der nach der Monatsrechnung fällige Betrag dieser Kreditkarte wurde von seinem Girokonto abgebucht. Im April 2020 verwendete der Beklagte diese Kreditkarte, um mehr als 3000 € bei einem Onlinecasino einzuzahlen. Als das Kreditinstitut die Forderungen der Kreditkarte dann von dem Girokonto des Beklagten abbuchte, veranlasste dieser Rücklast­schriften. Der Beklagte meint, das von ihm besuchte Onlinecasino sei verboten und erlaub­ni­s­unfähig. Der Klägerin sei dies seit Januar 2020 bekannt. Da alle Transaktionen an Online­glück­s­pie­lan­bieter bei Kreditkarten mit dem Buchstabencode "MCC 7995" gekennzeichnet werden habe die Klägerin gewusst, wo er die Karte einsetzte. Die Kredit­kar­ten­rechnung müsse er daher nicht begleichen. Die Klägerin meint, sie habe nicht wissen können, dass das vom Beklagten getätigte Glücksspiel illegal war. Auch die Kennzeichnung "MCC 7995" ändere daran nichts. Der Einsatz der Karte sei vom Beklagten autorisiert worden, dies könne er nicht widerrufen.

AG: Kredit­kar­ten­in­stitut hat Aufwen­dungs­er­satz­an­spruch

Das AG gab der Klage vollumfänglich statt. Es verurteilte den Münchner zur Zahlung von insgesamt 3452,73€ an die klagende Bank. Die zuständige Richterin führte in der Begründung aus: Der Karteninhaber kann dem Kredit­kar­ten­in­stitut, das bezahlt hat, keine Einwendungen aus seinem Verhältnis zum Vertrags­un­ter­nehmen entgegenhalten. Dies gilt grundsätzlich auch beim unerlaubten Online­glückspiel des Karteninhabers. Setzt ein Spieler bei einem illegalen Online­glückspiel eine Kreditkarte ein, wird der Zahlungs­diens­te­vertrag mit der Bank nicht von der Nichtigkeit nach § 134 BGB erfasst. Der Aufwendungsersatzanspruch besteht nur, wenn die Karte oder die Daten nicht von einem Dritten missbräuchlich verwendet wurden, also mangels Autorisierung, oder wenn offensichtlich und liquide beweisbar ist, dass den Vertrags­un­ter­nehmen eine Forderung aus dem Valuta­ver­hältnis gegen den Beklagten nicht zusteht. Vorliegend liegt kein Fall einer missbräuch­lichen Verwendung der Kreditkarte des Beklagten vor. Der Beklagte hat die Karte bewusst und gewollt zum Online­glückspiel eingesetzt, er hat die Zahlungen autorisiert. Der Aufwen­dungs­er­satz­an­spruch der Klägerin entfällt auch nicht für den Fall, dass der Online­glück­s­piel­vertrag nach § 134 BGB nichtig ist. § 134 BGB gilt nur im Verhältnis zwischen dem Beklagten und dem Glück­s­piel­ver­an­stalter und bezieht sich nur auf die zwischen ihnen geschlossenen Verträge, nicht aber auf das Anwei­sungs­ver­hältnis zwischen der Klägerin als Kredit­kar­ten­un­ter­nehmen und dem Beklagten als Karteninhaber.

Kredit­kar­te­n­an­bieter nicht zur Prüfung der Legalität etwaiger Zahlungen verpflichtet

Aus der Tatsache, dass die Zahlungen mit dem MCC 7995 gekennzeichnet waren, lässt sich auch keine Kenntnis der Klägerin vom Vorliegen eines illegalen Glückspiels ableiten. Der MCC unterscheidet nicht zwischen legalem und illegalem Glückspiel. Eine Nachfor­schungs­pflicht der Klägerin, ob es sich um einen legalen oder illegalen Glück­s­piel­be­treiber handelt, besteht nicht. Ein Kredit­kar­ten­un­ter­nehmen ist nicht verpflichtet, die Legalität etwaiger Zahlungen zu überprüfen bzw. von seinem Vertragspartner genutzte Glückss­pie­l­an­gebote mit der "White-List" der deutschen Bundesländer abzugleichen, um eine eventuelle Illegalität zu erkennen. Die Klägerin konnte von einem rechtstreuen Verhalten des Beklagten ausgehen und musste nicht mit einem evtl. Verstoß gegen § 285 StGB rechnen. Dieses Ergebnis ist auch inter­es­sen­gerecht. Wenn der Karteninhaber am illegalen Glückspiel teilnehmen könnte und er im Falle von Verlusten diese nicht an das Kredit­kar­ten­in­stitut zurückerstatten müsste, würde dies einen Freibrief darstellen und das illegale Glückspiel zu Lasten der Kredit­kar­ten­in­stitute befeuern. Der Karteninhaber hätte keinerlei Verlustrisiko, Gewinne würde er behalten können. Dieses Ergebnis kann von Gesetzgeber nicht gewollt sein. Im Übrigen ist der Beklagten nicht rechtlos. Ihm bleibt es unbenommen, gegen den Anbieter des illegalen Glückspiels auf Rückzahlung zu klagen. Die Rückabwicklung erfolgt dann gegenüber der Partei, die sich der Beklagte als Vertragspartner ausgesucht hat.

Quelle: Amtsgericht München, ra-online (pm/ab)

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