18.10.2024
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Amtsgericht München Beschluss11.08.2015

Bewer­tungs­portal muss negativ formulierte Patien­ten­be­wertung über eine Arztpraxis nicht löschenFormulierung "Herausrennen aus der Praxis" fällt in Schutzbereich der Meinungs­freiheit

Die Bewertung "Herausrennen aus der Praxis" in einem Bewer­tungs­portal ist eine von der Meinungs­freiheit geschützte Äußerung und muss daher nicht gelöscht werden. Dies entschied das Amtsgericht München.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist nieder­ge­lassener Arzt in Bonn. Ende November 2014 entdeckte er im Internet auf einem Bewer­tungs­portal eine Patien­ten­be­wertung, die auf der Homepage des beklagten Bewer­tungs­portals ersichtlich war und dort am 2.10.2014 eingestellt worden war. Die Bewertung lautete inhaltlich wie folgt: "Der eigentlich freundliche Arzt hat mir nur leider mehrere Gründe gegeben, nach der Behandlung ohne einen neuen Termin herauszurennen." Im Anschluss wurden fünf Gründe aufgeführt. Der betroffene Arzt wies gegenüber dem Bewer­tungs­portal die Vorwürfe mit ausführlicher Begründung zurück. Daraufhin wurde die Bewertung abgeändert, indem die ursprünglich aufgeführten fünf Gründe entfernt wurden, dafür jedoch angefügt wurde: "alles in allem der absolut falsche Arzt - schade."

Arzt verlangt Abänderung des Eintrags

Der Arzt erhob daraufhin Klage vor dem Amtsgericht München auf Abänderung des Eintrags dahin, dass nicht weiter behauptet wird, es sei ein "Herausrennen aus der Praxis" erfolgt. Er war der Meinung, dass es sich um eine unzutreffende Tatsa­chen­be­hauptung handele, da die Patientin die Praxis ganz normal verlassen habe und nicht herausgerannt sei. Die Bewertung sei unsachlich und komme einer Schmähkritik gleich.

Bewer­tungs­portal löscht Eintrag

Kurz nach Klageerhebung wurde der Eintrag durch das Bewer­tungs­portal wie vom Arzt gefordert gelöscht. Zudem erstattete das beklagte Bewer­tungs­portal dem Arzt die außer­ge­richt­lichen Rechts­an­walts­kosten in Höhe von 413 Euro. Dann stritten die Parteien nur noch darüber, wer die Kosten des Zivilverfahrens zu tragen hat.

Pflicht zur Löschung von Einträgen würde Tätigkeit des Portal­be­treibers in erheblicher Weise einschränken

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München hat entschieden, dass der klagende Arzt die Kosten in Höhe von 1.130 Euro tragen muss, da er den Prozess verloren hätte. Er hatte keinen Anspruch darauf, dass die Veröf­fent­lichung gelöscht wird. Die Formulierung "Herausrennen aus der Praxis" stelle keine bloße Tatsa­chen­be­hauptung, sondern eine Meinung­s­äu­ßerung dar, da die Patientin hierbei ihre Unzufriedenheit bezüglich der durchgeführten Arztbehandlung durch den Kläger zum Ausdruck bringe, so das Gericht. Das Recht der Portal­be­treiberin gemäß Art. 5 Abs. I Grundgesetz, Recht auf Kommu­ni­ka­ti­o­ns­freiheit, überwiege das Recht des Klägers auf informationelle Selbst­be­stimmung, das heißt sein Recht, selbst zu bestimmen, was über ihn verbreitet wird. Ein Bewer­tungs­por­tal­be­treiber sei in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit im Sinne von Art. 5 Grundgesetz einbezogen und die Pflicht zur Löschung von Einträgen würde seine Tätigkeit in nicht unerheblicher Weise einschränken.

Patien­ten­be­wertung trifft nur berufliche Sozialsphäre des Arztes

Der klagende Arzt würde durch die Eintragung nur in seiner beruflichen Sozialsphäre berührt. In diesem Bereich muss sich jeder einzelne wegen der Auswirkungen, die seine Tätigkeit für andere hat, von vornherein auf die Beobachtung seines Verhaltens durch die breite Öffentlichkeit und auf Kritik an seinen Leistungen einstellen. Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre können nach der Rechtsprechung nur im Falle von schwerwiegenden Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden. Dies ist etwa der Fall bei Stigmatisierung, sozialer Ausgrenzung oder wenn jemand dadurch an den Pranger gestellt wird.

Bewertung hat kein schwerwiegende Auswirkung auf Persön­lich­keitsrecht des Arztes

Die Äußerung auf der Internetseite habe nach Auffassung des Gerichts aber keine schwerwiegende Auswirkung auf das Persön­lich­keitsrecht des Klägers, sodass insoweit bei Durchführung einer entsprechenden Abwägung das Recht der Beklagten auf Kommu­ni­ka­ti­o­ns­freiheit überwiegt. Der Kläger habe daher keinen Anspruch auf Löschung der Bewertung.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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