21.11.2024
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Amtsgericht München Urteil09.10.2014

Filesharing: Internet­anschluss­inhaber muss möglichen Täter selbst ermittelnAnschluss­inhaber haftet bei Teilnahme an illegaler Tauschbörse

Der Inhaber eines Inter­ne­t­an­schlusses, von dem aus unerlaubt Dateien geladen wurden, muss selbst Nachforschungen darüber anstellen, wer konkret der Täter gewesen ist und dies dem Gericht mitteilen. Sonst haftet er selbst. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts München hervor.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streifalls ist ein Medien­un­ter­nehmen in München und verfügt über die Rechte des Filmherstellers am Film "Blitz". Die Klägerin hat mit Hilfe einer Überwa­chungs­software herausgefunden, dass die beklagte Münchnerin die Inhaberin des Inter­ne­t­an­schlusses ist, über den am 6. November 2011 von 21.26 Uhr bis 23.22 Uhr der Film "Blitz" mit Hilfe einer Tausch­bör­sen­software illegal zum Download angeboten wurde. Dies ist eine Urheber­rechts­ver­letzung. Die Klägerin mahnte die Beklagte ab und forderte von ihr u.a. Schadensersatz. Die Beklagte zahlte daraufhin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht 150 Euro an die Klägerin.

Beklagt verweigert Zahlung von Schadensersatz

Die Beklagte bestreitet, den Film zu kennen und ihn heruntergeladen zu haben und weigerte sich, weitere 956 Euro, wie von der Beklagten verlangt, an diese zu zahlen. Das Medien­un­ter­nehmen verklagte daraufhin die Beklagte vor dem Amtsgericht München auf Schadensersatz und Ersatz der Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 956 Euro.

Gericht bejaht erfolgtes Filesharing über den Inter­ne­t­an­schluss der Beklagten

Der zuständige Richter am Amtsgericht München gab der Klägerin Recht. Das Gericht stellte fest, dass über den Anschluss der Beklagten eine Urheber­rechts­ver­letzung begangen wurde. Über den Anschluss wurde sogenanntes Filesharing betrieben. Beim Filesharing lädt der User regelmäßig Daten, zum Beispiel einen Film oder ein Musikalbum, über eine Inter­net­tauschbörse auf seinen Rechner, wo sie gespeichert werden. Zeitgleich mit dem Download erfolgt ein Upload, das Heißt der User bietet die Dateien anderen Teilnehmern der Tauschbörse zum Herunterladen an. Die Datei wird auf den persönlichen Rechner des Users heruntergeladen mit der Möglichkeit, sie später zu nutzen. Gleichzeitig ist die Datei öffentlich zugänglich, da sie bereits beim Herunterladen anderen Netzteilnehmern zum Download angeboten ist. Filesharing verletzt damit das Recht des Urhebers auf öffentliche Zugäng­lich­machung seines Werkes. Das Gericht führte aus, dass insofern Filesharing und das sogenannte Streaming, das heißt das einfache Anschauen eines Films im Internet, bei dem lediglich im Arbeitsspeicher Dateien zwischen­ge­speichert werden, nicht gleichgestellt werden können.

Anschluss­inhaber muss Tatsachen für Nutzung des Internets durch Dritte darlegen

Bei einer derartigen Rechts­ver­letzung muss der Anschlussinhaber darlegen, dass er für die Rechts­ver­letzung nicht verantwortlich ist. Die Beklagte trifft eine sogenannte sekundäre Darlegungslast. Dafür ist erforderlich, dass sie als Anschluss­in­haberin darlegt, dass die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein eine andere Person und nicht sie selbst den Internetzugang zum fraglichen Zeitpunkt genutzt hat. Das Gericht verlangt in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofes, dass der Anschluss­inhaber Tatsachen darlegen muss, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit ergibt, dass eine andere Person den Internetanschluss benutzt hat. Die Beklagte muss weiterhin vortragen, welche anderen Personen selbständigen Zugang zu ihrem Inter­ne­t­an­schluss hatten und als Täter der Urheber­rechts­ver­letzung in Betracht kommen. Sie muss dafür umfangreiche Nachforschungen zu den potentiellen Anschluss­nutzern und ihrem Nutzungs­ver­halten anstellen, die möglichen Täter befragen und diese dem Gericht - namentlich - mitteilen.

Beklagte verweist auf Nutzung des Internets durch Ehemann und Kinder

Die Beklagte hat dem Gericht mitgeteilt, dass ihr Ehemann und ihre beiden Söhne, Jahrgang 1993 und 1994, im Haushalt leben und jeder einen eigenen Laptop verwendet. Sie hätten das Internet für E-Mails genutzt und zu Zwecken der Information. Die Beklagte selbst habe zudem Informationen speziell zu Kochthemen aus dem Internet bezogen.

Tauschbörsen-Software hätte aus technischer Sicht von allen Haushalts­mit­glieder installiert werden können

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte auf Nachfragen des Gerichts vorgetragen, dass der Anschluss mit einem individuellen Passwort verschlüsselt sei. Die Art der Verschlüsselung sei ihr aber nicht bekannt, da diese von ihrem Ehemann vorgenommen worden sei. Sie hätte damals einen Tower gehabt, ihr Mann und die Söhne jeweils einen Laptop. Ihr Ehemann habe mit Sicherheit nichts mit Tauschbörsen gemacht. Ob die Söhne an Tauschbörsen teilnähmen, wisse sie nicht; auf Nachfrage hätten sie es abgestritten. Zugegeben habe die streit­ge­gen­ständliche Urheber­rechts­ver­letzung keiner. In technischer Hinsicht hätten alle vier Haushalts­mit­glieder Tauschbörsen-Software installieren können. Als Täter habe sie den großen Sohn in Verdacht, es könne aber auch der Kleinere gewesen sein. Ob am Tattag alle zu Hause gewesen waren, wisse sie nicht mehr, sie gehe aber davon aus, da es sich dabei um einen Sonntag gehandelt habe und alle am nächsten Tag in die Schule oder zur Arbeit hätten gehen müssen. Auf ihrem Rechner sei keine Filesharing-Software installiert gewesen; die Rechner von Ehemann und Kinder habe sie nicht überprüft.

Aussagen der Beklagten zum Nutzungs­ver­halten der Famili­en­mit­glieder widersprüchlich

Die Beklagte räumte ein, dass sie es im Grunde nicht wisse, ob ihre Söhne Filme im Rechner angeschaut hätten. Ebenso wenig wisse sie, was ihr Mann im Internet macht. Auch hinsichtlich des Nutzungs­ver­haltens verstrickte sie sich in Widersprüche.

Nachfor­schungs­pflicht seitens der Beklagten nicht auseichend erfüllt

Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass die Beklagte nichts Konkretes zum Inter­net­ver­halten der Mitbenutzer vorgetragen hat. Sie sei damit ihrer Nachfor­schungs­pflicht nicht genügend nachgekommen. Das Gericht hält einen Schadensersatz in Höhe von 600 Euro für angemessen. Außerdem muss die Beklagte die Rechts­an­walts­kosten in Höhe von noch 356 Euro der Klägerin ersetzen.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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