18.10.2024
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Amtsgericht München Urteil09.01.2009

Krankenkasse muss Kosten für spezielle Laser-Augenoperation nicht übernehmenBehandlung mit übergroßem Risiko kann nicht als medizinisch notwendig eingestuft werden

Eine LASIK-Operation zur Behandlung von Fehlsichtigkeit ist keine medizinisch notwendige Heilbe­hand­lungs­maßnahme. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten durch die private Kranken­ver­si­cherung besteht daher nicht. Dies entschied das Amtsgericht München.

Der spätere Kläger unterhielt bei der späteren Beklagten eine private Krankenversicherung. Versichert waren danach die medizinisch-notwendigen Heilbe­hand­lungen wegen Krankheit.

Im Jahre 2008 unterzog sich der Kläger einer sogenannten LASIK-Operation, um seine Fehlsichtigkeit zu korrigieren. Die Kosten dafür in Höhe von 4324 Euro verlangte er von seiner Versicherung ersetzt. Diese weigerte sich, diese zu bezahlen. Es läge schon keine Krankheit vor. Im Übrigen sei die Operation nicht medizinisch notwendig. Sie berge auch erhebliche Risiken.

Patient hält Operation für medizinisch notwendig

Darauf hin erhob der Patient Klage vor dem AG München. Er sei schließlich weitsichtig und leide an einer Hornhaut­ver­krümmung. Die Operation sei ein wissen­schaftlich anerkanntes Verfahren, welches geeignet sei, die Fehlsichtigkeit zu korrigieren. Eine Brille oder Kontaktlinse würde im Gegensatz zur Operation die Fehlsichtigkeit nicht heilen. Die Operation sei daher medizinisch notwendig. Kosten­ge­sichts­punkte müssten bei der Beurteilung außen vor bleiben. Auch etwaige Risiken dürften keine Rolle spielen, da auch das Tragen von Brillen nicht ungefährlich sei.

Die zuständige Richterin wies die Klage jedoch ab.

Brille gleicht Fehlsichtigkeit ohne Risiken aus

Es fehle an der medizinischen Notwendigkeit. Eine Heilbe­hand­lungs­maßnahme sei dann medizinisch notwendig, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissen­schaft­lichen Erkenntnissen im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar sei, sie als medizinisch notwendig anzusehen. Das sei dann der Fall, wenn eine wissen­schaftlich anerkannte Behand­lungs­methode zur Verfügung stehe, die geeignet sei, die Krankheit zu heilen, zu bessern oder zu lindern. Medizinisch notwendig könne eine Behandlung auch dann sein, wenn ihr Erfolg nicht vorhersehbar sei. Es genüge insoweit, dass medizinische Befunde und Erkenntnisse es im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar erscheinen lassen, die Behandlung als notwendig anzusehen. Nun sei zwar richtig, dass die LASIK-Behandlung heute zur Behandlung einer Fehlsichtigkeit durchaus häufig herangezogen würde. Es sei auch richtig, dass den Versicherten und ihren behandelnden Ärzten grundsätzlich die Wahlfreiheit zwischen gleichwertigen, verschiedenen Methoden zur Behandlung einer Krankheit zustehe, ohne dass der Versicherer rein aus wirtschaft­lichen Gründen die Versicherten auf die günstigere Methode verweisen dürfe. Die Thera­pie­freiheit erstrecke sich auch auf die Abwägungs­ent­scheidung, ob bestimmte Risiken einer Heilbehandlung in Kauf genommen werden sollen. Diese Grundsätze gelten jedoch nicht unbegrenzt. Vielmehr seien im Einzelfall die maßgeblichen objektiven Gesichtspunkte mit Rücksicht auf die Besonderheiten der jeweiligen Erkrankung und der auf sie bezogenen Heilbehandlung zu beachten. Insbesondere habe bei der Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit einer ärztlichen Behand­lungs­maßnahme auch das damit verbundene Risiko grundsätzlich in die Abwägung einzufließen, so dass solche Behandlungen, die mit einem übergroßen Risiko verbunden seien, nicht mehr als medizinisch notwendig charakterisiert werden können. Das Ausmaß des insoweit noch zu tolerierenden Risikos, welches vom Versicherten eingegangen werden könne, sei dabei im Einzelfall abhängig vom Grad der Belastung durch die Krankheit des Versicherten. Insoweit unbestritten bestünden bei Durchführung einer Laseroperartion zahlreiche Risikofaktoren, die beim Tragen einer Brille nicht auftreten. Sie könne in Einzelfällen zu schweren Störungen des Sehvermögens bis hin zur Erblindung führen. Diesen Gefahren stünde mit der Brille eine Behand­lungs­mög­lichkeit gegenüber, die die Fehlsichtigkeit gleichermaßen, jedoch ohne Risiko ausgleichen könne. Hinzu komme, dass der Erfolg einer solchen Operation nicht vorhergesagt werden könne, sondern immer wieder trotz Operation vom Patienten noch eine Brille zum Ausgleich der verbliebenen Sehschwäche getragen werden müsse, die wiederum als weiterhin erforderliches Hilfsmittel vom Versicherer zu bezahlen sei. Einer Abwägung der Laseroperation mit der Verordnung einer Brille stehe auch nicht entgegen, dass die Brille lediglich einen Ausgleich der Fehlsichtigkeit und keine „Heilung“ bringe. Auch eine Laseroperation sei eine Methode, die die Fehlsichtigkeit nicht rückgängig mache, sondern sie durch Abflachung der Hornhaut quasi im Auge selbst (ähnlich wie eine Brille) optisch korrigiere. Gleichzeitig werde der natürliche Zustand der Hornhaut irreparabel zerstört. Die Laseroperation rücke daher eher in die Nähe einer Schön­heits­ope­ration, in dem sie das lästige Tragen einer Brille durch eine optische Korrektur im Auge überflüssig mache, ohne die Fehlsichtigkeit, deren Ursache die Form des Augapfels sei, selbst zu heilen. Der Kläger habe auch zu keiner Zeit vorgetragen, dass seine Fehlsichtigkeit durch das Tragen einer Brille nicht auszugleichen gewesen wäre. Aus diesen Gründen liege eine medizinisch notwendige Behandlung nicht vor.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 28/09 des AG München vom 20.07.2009

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