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- DAR 2015, 653Zeitschrift: Deutsches Autorecht (DAR), Jahrgang: 2015, Seite: 653
Amtsgericht Mannheim Urteil22.05.2015
Grob fahrlässiges Verhalten durch Nutzung von Sommerreifen setzt winterliche Straßenverhältnisse vorausVereinzelte Glättebildungen stellen keine winterlichen Straßenverhältnisse dar
Die Nutzung von Sommerreifen ist als grob fahrlässig zu werten, wenn winterliche Straßenverhältnisse herrschen. Solche liegen nicht vor, wenn sich lediglich an Brücken oder anderen kältegefährdenden Stellen Glätte bildet. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Mannheim hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Oktober 2012 kam es in den frühen Morgenstunden auf einer Brücke zu einem Verkehrsunfall, weil ein Pkw-Fahrer aufgrund von Glätte auf der Brücke die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor und mit einem anderen Fahrzeug zusammenstieß. Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Pkw-Fahrers regulierte zwar den Schaden, machte aber im Jahr 2014 klageweise einen Rückzahlungsanspruch geltend. Nach Meinung der Versicherung habe der Pkw-Fahrer den Unfall grob fahrlässig verursacht, da er lediglich mit Sommerreifen fuhr.
Kein Anspruch auf Rückzahlung
Das Amtsgericht Mannheim entschied gegen die Versicherung. Ihr stehe kein Anspruch auf Rückzahlung zu, da der Pkw-Fahrer den Unfall nicht grob fahrlässig verursacht habe.
Keine grob fahrlässig vorgenommene Gefahrerhöhung
Es bestehe nach Ansicht des Amtsgerichts kein Recht zur Kürzung der Versicherungsleistung aufgrund einer grob fahrlässigen Gefahrerhöhung gemäß § 26 Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Zwar könne die Nutzung eines verkehrsunsicheren Fahrzeugs eine Gefahrerhöhung gemäß § 23 Abs. 1 VVG darstellen. Zudem könne die Benutzung eines Pkw mit winteruntauglichen Sommerreifen als Benutzung eines verkehrsunsicheren Fahrzeugs zu werten sein. Dies setze aber voraus, dass der Pkw bei durchgehend herrschenden winterlichen Straßenverhältnissen längerfristig benutzt wird. So lag der Fall hier nicht. Zum Unfallzeitpunkt haben keine winterlichen Straßenverhältnisse geherrscht. Das Stadtgebiet sei wesentlich schnee- und eisfrei gewesen. Lediglich partiell an Brücken und sonstigen kältegefährdenden Stellen sei mit Glättebildung zu rechnen gewesen.
Keine grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls
Ein Leistungskürzungsrecht bestehe nach Auffassung des Amtsgerichts auch nicht aufgrund einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls gemäß § 81 Abs. 2 VVG. Denn die Pflicht zur Nutzung von Winterreifen oder M + S Reifen setze ebenfalls winterliche Straßenverhältnisse voraus. Allein das Bewusstsein, dass das Fahren mit Sommerreifen im Winter Gefahren mit sich bringen könne, von Oktober bis Ostern es möglicherweise ratsam sein könne, Winterreifen aufzuziehen, bei Temperaturen unter 7 Grad Winterreifen oder M + S Reifen bessere Hafteigenschaften aufweisen, reiche als Begründung einer groben Fahrlässigkeit nicht aus.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.01.2018
Quelle: Amtsgericht Mannheim, ra-online (zt/DAR 2015, 653/rb)
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