21.11.2024
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Amtsgericht Mannheim Urteil22.05.2015

Grob fahrlässiges Verhalten durch Nutzung von Sommerreifen setzt winterliche Straßen­ver­hältnisse vorausVereinzelte Glättebildungen stellen keine winterlichen Straßen­ver­hältnisse dar

Die Nutzung von Sommerreifen ist als grob fahrlässig zu werten, wenn winterliche Straßen­ver­hältnisse herrschen. Solche liegen nicht vor, wenn sich lediglich an Brücken oder anderen kälte­ge­fähr­denden Stellen Glätte bildet. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Mannheim hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Oktober 2012 kam es in den frühen Morgenstunden auf einer Brücke zu einem Verkehrsunfall, weil ein Pkw-Fahrer aufgrund von Glätte auf der Brücke die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor und mit einem anderen Fahrzeug zusammenstieß. Die Kfz-Haftpflicht­ver­si­cherung des Pkw-Fahrers regulierte zwar den Schaden, machte aber im Jahr 2014 klageweise einen Rückzah­lungs­an­spruch geltend. Nach Meinung der Versicherung habe der Pkw-Fahrer den Unfall grob fahrlässig verursacht, da er lediglich mit Sommerreifen fuhr.

Kein Anspruch auf Rückzahlung

Das Amtsgericht Mannheim entschied gegen die Versicherung. Ihr stehe kein Anspruch auf Rückzahlung zu, da der Pkw-Fahrer den Unfall nicht grob fahrlässig verursacht habe.

Keine grob fahrlässig vorgenommene Gefahrerhöhung

Es bestehe nach Ansicht des Amtsgerichts kein Recht zur Kürzung der Versi­che­rungs­leistung aufgrund einer grob fahrlässigen Gefahrerhöhung gemäß § 26 Abs. 1 des Versi­che­rungs­ver­trags­ge­setzes (VVG). Zwar könne die Nutzung eines verkehr­s­un­si­cheren Fahrzeugs eine Gefahrerhöhung gemäß § 23 Abs. 1 VVG darstellen. Zudem könne die Benutzung eines Pkw mit winter­un­taug­lichen Sommerreifen als Benutzung eines verkehr­s­un­si­cheren Fahrzeugs zu werten sein. Dies setze aber voraus, dass der Pkw bei durchgehend herrschenden winterlichen Straßen­ver­hält­nissen längerfristig benutzt wird. So lag der Fall hier nicht. Zum Unfallzeitpunkt haben keine winterlichen Straßen­ver­hältnisse geherrscht. Das Stadtgebiet sei wesentlich schnee- und eisfrei gewesen. Lediglich partiell an Brücken und sonstigen kälte­ge­fähr­denden Stellen sei mit Glättebildung zu rechnen gewesen.

Keine grob fahrlässige Herbeiführung des Versi­che­rungsfalls

Ein Leistungs­kür­zungsrecht bestehe nach Auffassung des Amtsgerichts auch nicht aufgrund einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versi­che­rungsfalls gemäß § 81 Abs. 2 VVG. Denn die Pflicht zur Nutzung von Winterreifen oder M + S Reifen setze ebenfalls winterliche Straßen­ver­hältnisse voraus. Allein das Bewusstsein, dass das Fahren mit Sommerreifen im Winter Gefahren mit sich bringen könne, von Oktober bis Ostern es möglicherweise ratsam sein könne, Winterreifen aufzuziehen, bei Temperaturen unter 7 Grad Winterreifen oder M + S Reifen bessere Haftei­gen­schaften aufweisen, reiche als Begründung einer groben Fahrlässigkeit nicht aus.

Quelle: Amtsgericht Mannheim, ra-online (zt/DAR 2015, 653/rb)

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