Dokument-Nr. 31845
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- WuM 2022, 285Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2022, Seite: 285
- Unzulässige Eigenbedarfskündigung wegen hohen Alters und schlechten Gesundheitszustands des MietersAmtsgericht Nürnberg, Urteil21.11.2019, 244 C 7495/18
- Eigenbedarfskündigung kann auch gegenüber sozial schlechter gestellten Mietern gerechtfertigt seinAmtsgericht München, Urteil26.07.2018, 433 C 19586/17
Amtsgericht Lübeck Urteil01.02.2022
Familie mit vier Kleinkindern und eingeschränkten finanziellen Mitteln darf trotz Eigenbedarfskündigung in Wohnung verbleibenUnmöglichkeit der Anmietung von Ersatzwohnraum begründet Härteeinwand
Ist es für eine Familie mit vier Kleinkindern, welche von ALG-II-Leistungen lebt, nicht möglich eine Ersatzwohnung anzumieten, so kann sie trotz zulässiger Eigenbedarfskündigung in der Wohnung verbleiben. Die Mieter können sich insofern erfolgreich auf den Härteeinwand gemäß § 574 Abs. 2 BGB berufen. Dies hat das Amtsgericht Lübeck entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Februar 2021 erhielten die Mieter einer Wohnung in Lübeck von der neuen Eigentümerin eine Eigenbedarfskündigung. Sie gab an, sich von ihrem Ehemann getrennt zu haben und insofern auf die Wohnung angewiesen zu sein. Die Mieter machten einen Härteeinwand geltend. Sie waren Eltern von vier Kleinkindern und lebten von ALG-II-Leistungen. Trotz intensiver Bemühungen war es ihnen nicht möglich, eine Ersatzwohnung anzumieten. Die neue Eigentümerin ließ dies nicht gelten und erhob Räumungsklage.
Kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung
Das Amtsgericht Lübeck entschied gegen die Klägerin. Ihr stehe kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung zu. Zwar habe sie ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Es liegen bei der Beklagten aber Härtegründe nach § 574 Abs. 1 BGB vor, die zu einer Fortsetzung des Mietverhältnisses führen.
Zulässiger Härteeinwand wegen Unmöglichkeit der Anmietung einer Ersatzwohnung
Nach Ansicht des Amtsgerichts liege der Härtegrund des § 574 Abs. 2 BGB vor. Denn die Beklagten haben eine angemessene Ersatzwohnung zu zumutbaren Bedingungen nicht beschaffen können. Es sei gerichtsbekannt, dass der Lübecker Wohnungsmarkt generell, vor allem aber in dem Segment der von den Beklagten monatlich aufbringbaren Mietzahlungen katastrophal ist. Hinzu komme, dass die Familie mit vier Kindern Wohnraum in einer Größe benötigt, in dem sie naturgemäß mit finanzkräftigeren Mieterin konkurrieren. Für die Klägerin sei es demgegenüber vergleichsweise einfacher, eine Wohnung für nur eine Person zu finden, vor allem weil sie nicht auf staatliche Hilfen angewiesen ist.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.06.2022
Quelle: Amtsgericht Lübeck, ra-online (zt/WuM 2022, 285/rb)
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