Dokument-Nr. 24527
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- zfs 2015, 617Zeitschrift für Schadenrecht (zfs), Jahrgang: 2015, Seite: 617
- Bei Auffahrunfall in unmittelbarem Zusammenhang mit Fahrspurwechsel spricht Beweis des ersten Anscheins für Missachtung der SorgfaltspflichtAmtsgericht München, Urteil01.10.2013, 331 C 28375/12
- Spurwechsel ohne Schulterblick begründet volle Haftung für VerkehrsunfallLandgericht Freiburg, Urteil21.05.2012, 8 O 21/12
Amtsgericht Hamburg Urteil30.07.2015
Fahrspurwechsel setzt auch bei vorhandenem Toten-Winkel-Spiegel Schulterblick vorausAnscheinsbeweis spricht für Verschulden des Spurwechslers
Kommt es bei einem Fahrspurwechsel zu einem Verkehrsunfall, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Spurwechslers. Zudem ist bei einem Spurwechsel auch dann ein Schulterblick erforderlich, wenn das Fahrzeug über einen zusätzlichen Toten-Winkel-Spiegel verfügt. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall kam es im Mai 2014 bei einem Fahrspurwechsel zu einem Verkehrsunfall. Da der die Fahrbahn wechselnde Autofahrer angab, vor dem Ausscheren geblinkt, in den Seitenspiegel sowie in den Toten-Winkel-Spiegel geblickt und dabei keine anderen Verkehrsteilnehmer bemerkt zu haben, klagte er gegen den anderen Unfallbeteiligten auf Schadensersatz.
Kein Anspruch auf Schadensersatz
Das Amtsgericht Hamburg entschied gegen den Kläger. Diesem stehe kein Anspruch auf Schadensersatz zu, da er den Unfall allein verschuldet habe.
Anscheinsbeweis spricht für Verschulden des Spurwechslers
Für ein schuldhaftes Nichtbeachten der Sorgfaltspflichten aus § 7 Abs. 5 StVO durch den Kläger spreche bereits der Beweis des ersten Anscheins, so das Amtsgericht. Nach dieser Vorschrift müsse sich der Fahrer des ausscherenden Fahrzeugs so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei. Aus der Regelung dieser absoluten Sorgfaltspflicht ergebe sich ein Anscheinsbeweis dahingehend, dass diese Sorgfaltspflicht verletzt wurde, wenn es im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Fahrspurwechsel zu einem Unfall komme.
Erfordernis eines Schulterblicks trotz Toten-Winkel-Spiegels
Dem Kläger sei es nach Ansicht des Amtsgerichts nicht gelungen den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis zu erschüttern. Vielmehr sei ersichtlich, dass der Kläger keinen Schulterblick gemacht habe, um sicher auszuschließen, dass sich ein anderes Fahrzeug neben ihm befindet. Er habe sich allein auf einen kleinen zusätzlichen Spiegel verlassen, der den toten Winkel abdecken soll. Damit habe der Kläger jedoch seinen Sorgfaltsanforderungen aus § 7 Abs. 5 StVO nicht genügt. Denn ein Schulterblick sei schon aufgrund des erheblich größeren Blickwinkels trotz eines etwaig vorhandenen Toten-Winkel-Spiegels erforderlich.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.07.2017
Quelle: Amtsgericht Hamburg, ra-online (zt/zfs 2015, 617/rb)
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