21.11.2024
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Amtsgericht Dieburg Urteil23.04.2012

Kündigung wegen Eigenbedarfs angesichts des hohen Alters eines Mieters unwirksamEigen­be­da­rfs­kün­digung kann gemäß § 574 BGB widersprochen werden

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs kann gemäß § 574 BGB widersprochen werden, wenn die Beendigung des Mietver­hält­nisses für den Mieter eine Härte bedeutet. Eine solche liegt zum Beispiel vor, wenn dem Mieter aufgrund seines hohen Alters nicht zugemutet werden kann, umzuziehen. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Dieburg hervor.

In dem zu Grunde liegenden Fall wurde einer 83-jährigen Mieterin wegen Eigenbedarf gekündigt. Die Vermieterin hatte die Wohnung zuvor gekauft und wollte diese nun selber nutzen. Sie würde damit die Distanz zu ihrem Arbeitsplatz verringern uns sie könne intensiveren Kontakt mit ihrer Familie halten. Zudem strebe sie angesichts ihrer Lebenssituation die Schaffung eines sozialen Netzwerks aus der Nachbarschaft und der Familie an. Die Mieterin legte gegen die Kündigung gemäß § 574 BGB Widerspruch ein. Sie meinte, ein Eigenbedarf bestehe nicht und es liege eine unbillige Härte wegen ihres Alters und ihres Gesund­heits­zu­stands vor. Die Vermieterin klagte daraufhin auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung bestand nicht

Das Amtsgericht Dieburg entschied gegen die Vermieterin. Ihr habe kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung zugestanden, da die Mieterin der Kündigung wirksam widersprochen hatte.

Vermieterin begründete Eigenbedarf vernünftig und nachvollziehbar

Die von der Vermieterin ausgesprochene Kündigung wegen Eigenbedarfs (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) sei an sich berechtigt gewesen. So das Amtsgericht weiter. Sie habe ihren Wunsch nach Eigennutz vernünftig und nachvollziehbar begründet und damit ihren Eigen­nut­zungs­willen plausibel dargelegt. Er sei auch angesichts ihres höchst persönlichen Interesses und der nach Art. 14 GG geschützten Eigen­tums­ga­rantie gerechtfertigt gewesen.

Widerspruch der Mieterin war rechtmäßig

Aus Sicht des Gerichts habe die Mieterin der Eigenbedarfskündigung jedoch gemäß § 574 BGB widersprechen dürfen, da die Beendigung des Mietver­hält­nisses für sie eine Härte bedeutet habe. Es sei zu beachten gewesen, dass die Vorschrift einen Ausnah­me­cha­rakter zur Eigen­tums­ga­rantie darstelle und daher streng ausgelegt werden müsse. Es müsse eine umfassende Inter­es­se­n­ab­wägung stattfinden.

Inter­es­se­n­ab­wägung erfolgte zu Gunsten der Mieterin

Die Inter­es­se­n­ab­wägung habe hier ergeben, so das Amtsgericht weiter, dass das Interesse der Mieterin an der Aufrecht­er­haltung des Mietver­hält­nisses stärker zu bewerten war. Es sei zu berücksichtigen gewesen, dass die Mieterin 83 Jahre alt und in ihrer Nachbarschaft verwurzelt sowie in ihrer Gesundheit eingeschränkt war, was einen Umzug erschwert hätte. Zudem begründe der Wunsch eines älteren Menschen am Verbleib in der Nachbarschaft, ein erhebliches Interesse für die Aufrecht­er­haltung eines Mietver­hält­nisses. Demgegenüber sei zu beachten gewesen, dass die Vermieterin vor Erwerb der Wohnung gewusst habe, dass dort eine ältere Person lebte, für die ein Umzug eine besondere Härte darstellen würde.

Mietverhältnis wurde unbefristet fortgesetzt

Das Gericht bestimmte die Fortsetzung des Mietver­hält­nisses auf unbestimmte Zeit (§ 574 a Abs. 2 Satz 2 BGB). Denn es sei nicht ersichtlich gewesen, dass sich der Gesund­heits­zustand der Mieterin zukünftig bessern würde.

Quelle: Amtsgericht Dieburg, ra-online (vt/rb)

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