21.11.2024
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Verfassungsgerichtshof Berlin Beschluss20.12.2011

Numerus clausus für Bachelor-Studiengang Psychologie ohne ausreichende RechtsgrundlageBeschränkung der Zulassung zum Hochschul­studium darf nur ausnahmsweise für einzelne Studiengänge erfolgen

Der Verfas­sungs­ge­richtshof des Landes Berlin hat den Verfas­sungs­be­schwerden zweier Bewerberinnen um einen Studienplatz für den Bachelor- Studiengang Psychologie an der Humboldt-Universität zu Berlin stattgegeben. Dem Numerus Clausus des Studiengangs fehlt es an ausreichender Rechtsgrundlage.

Die Beschwer­de­füh­re­rinnen des zugrunde liegenden Streitfalls wandten sich mit ihren Verfas­sungs­be­schwerden gegen die Ablehnung ihrer vorläufigen Hochschul­zu­lassung außerhalb der von der Universität festgesetzten Zulassungszahl zum Wintersemester 2009/2010 für den damals neu eingeführten (und nicht in das bundesweite zentrale Verga­be­ver­fahren einbezogenen) Studiengang „Bachelor of Science Psychologie“.

Verfas­sungs­ge­richtshof weist Sache zur erneuten Verhandlung zurück an Oberver­wal­tungs­gericht

Das Oberver­wal­tungs­gericht Berlin-Brandenburg wies ihre Eilanträge mit zwei gleichlautenden Beschlüssen vom 12. Januar 2011 in zweiter und letzter Instanz zurück. Der Verfas­sungs­ge­richtshof hat diese Entscheidungen aufgehoben und die Verfahren zu einer möglichst umgehenden erneuten Entscheidung an das Oberver­wal­tungs­gericht zurückverwiesen.

VerfGH rügt Verletzung des verfas­sungs­rechtlich geschützten Hochschul­zu­las­sungs­an­spruchs

Zur Begründung seiner Entscheidung hat der Verfas­sungs­ge­richtshof ausgeführt: Die angefochtenen Entscheidungen verletzen den verfas­sungs­rechtlich geschützten Hochschul­zu­las­sungs­an­spruch der Beschwer­de­füh­re­rinnen und ihr Recht auf effektiven Rechtsschutz. Nach dem Gesetz über die Zulassung zu den Hochschulen des Landes Berlin in zulas­sungs­be­schränkten Studiengängen durfte eine Beschränkung der Zulassung zum Hochschul­studium (numerus clausus) nur ausnahmsweise für einzelne Studiengänge erfolgen. Hierfür mussten alle gesetzlich bestimmten Voraussetzungen vorliegen und Zulas­sungs­zahlen für die höchstens aufzunehmenden Studienbewerber förmlich festgesetzt werden. Zur Ermittlung der zulässigen Höchstzahl (Kapazi­täts­er­mittlung) verwies das Berliner Hochschul­zu­las­sungs­gesetz auf die Regelungen des Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen vom 22. Juni 2006, die seit 1. Mai 2010 inhaltlich unverändert nach dem neuen Staatsvertrag der Länder über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschul­zu­lassung vom 5. Juni 2008 fortgelten. Danach wurde und wird die jährliche Aufnah­me­ka­pazität auf der Grundlage des Lehrangebots, des Ausbil­dungs­aufwands und weiterer kapazi­täts­be­stim­mender Kriterien ermittelt. Der Ausbil­dungs­aufwand ist durch studien­gangs­pe­zi­fische Normwerte (sog. Curri­cu­lar­normwerte) festzusetzen, die den Aufwand festlegen, der für die ordnungsgemäße Ausbildung der erforderlich ist. Die Normwerte haben eine gleichmäßige und erschöpfende Auslastung der Hochschulen zu gewährleisten und werden durch Rechts­ver­ordnung der Senats­ver­waltung festgesetzt.

Kein Curri­cu­lar­normwert für Bache­lor­stu­diengang Psychologie per Rechts­ver­ordnung festgesetzt

Diese landes­recht­lichen Vorgaben wurden im Ausgangs­ver­fahren nicht beachtet, obwohl das Verwal­tungs­gericht in seinen Beschlüssen vom 1. April 2010 ausdrücklich festgestellt hatte, dass es an einem durch Rechts­ver­ordnung festgesetzten Curri­cu­lar­normwert für den Bache­lor­stu­diengang Psychologie fehlte. Dies verletzt die Beschwer­de­füh­re­rinnen in ihrem durch die Verfassung von Berlin geschützten Recht auf effektiven Rechtsschutz, denn die Verwal­tungs­ge­richte sind in Numerus-clausus-Eilverfahren nicht befugt, einen entgegen Landesrecht nicht durch Rechts­ver­ordnung festgesetzten Curri­cu­lar­normwert (hier: für den Bache­lor­stu­diengang Psychologie) durch eigene Berechnungen des Lehraufwandes zu ersetzen. Ob unter außer­ge­wöhn­lichen Umständen im Rahmen einer verfas­sungs­rechtlich hinnehmbaren Notkompetenz zur Abwendung konkreter, besonders schwer wiegender Gefahren für die Funkti­o­ns­fä­higkeit der Hochschule und die Grundrechte bereits zugelassener Studenten etwas anderes gelten kann, hat der Verfas­sungs­ge­richtshof offen gelassen. Für eine derartige Ausnah­me­si­tuation ist nichts ersichtlich.

Quelle: Verfassungsgerichtshof Berlin/ra-online

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