21.11.2024
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Dokument-Nr. 26414

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Verfassungsgerichtshof Berlin Beschluss24.01.2018

Richter darf Anwesenheit des Angeklagten und dessen Verteidigers zwecks Foto- und Filmaufnahmen der Presse nicht vorschreibenUnzulässiger Eingriff in Per­sönlich­keits­recht und Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung

Ein Richter darf den Angeklagten und dessen Verteidiger nicht dazu verpflichten, vor Beginn der Haupt­ver­handlung zwecks Foto- und Filmaufnahmen durch die Presse anwesend zu sein. Eine solche Anordnung stellt einen unzulässigen Eingriff in das Allgemeine Per­sönlich­keits­recht und des Rechts auf informationelle Selbst­be­stimmung dar. Dies hat der Ver­fassungs­gerichts­hof des Landes Berlin entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Januar 2018 gestatte der vorsitzende Richter einer Strafkammer des Landgerichts Berlin, dass die Presse zehn Minuten vor Beginn der Haupt­ver­handlung Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungsaal anfertigen darf. Die Erlaubnis erfolgte unter Auflagen. So mussten Aufnahmen der Angeklagten anonymisiert veröffentlicht werden. Zudem ordnete der Richter an, dass die Angeklagte und deren Verteidiger während der Aufnahmen im Saal anwesend sein müssen. Dies hielten die Betroffenen für unzulässig. Sie beantragten daher beim Landes-Verfas­sungs­ge­richtshof den Erlass einer einstweiligen Anordnung zwecks Aussetzung der angeordneten Anwesenheitspflicht.

Aussetzung der Anwesen­heits­pflicht

Der Verfas­sungs­ge­richtshof des Landes Berlin entschied zu Gunsten der Betroffenen und setzte daher die Anordnung des Richters zur Anwesen­heits­pflicht aus. Die Anordnung greife ungerecht­fertigt in das allgemeine Persön­lich­keitsrecht und das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung der Angeklagten und des Verteidigers ein. Eine gesetzliche Grundlage für die Anordnung der Anwesen­heits­pflicht bestehe nicht.

Foto- und Filmaufnahmen müssen geduldet werden

Zwar dürfe ein Vorsitzender gemäß § 176 des Gerichts­ver­fas­sungs­ge­setzes (GVG) Foto- und Filmaufnahmen durch die Presse vor Beginn der Haupt­ver­handlung zulassen, so der Verfas­sungs­ge­richtshof. Daraus ergebe sich eine Pflicht der Anwesenden diese Aufnahmen auch zu dulden. Eine Ermächtigung des Vorsitzenden darüber hinaus, einem Angeklagten und seinem Verteidiger eine Pflicht aufzuerlegen, den Sitzungssaal zu Dokumen­ta­ti­o­ns­zwecken zu betreten und darin für Foto- und Filmaufnahmen anwesend zu sein, lasse sich aus § 176 GVG nicht herleiten. Es sei zu beachten, dass ein Angeklagter und sein Verteidiger nach dem Gesetz nur bei der Haupt­ver­handlung anwesend sein müssen.

Richter muss Foto- und Filmaufnahmen ermöglichen

Ein Vorsitzender Richter müsse zwar Foto- und Filmaufnahmen vom Angeklagten und Verteidiger ermöglichen, dies rechtfertige aber nach Auffassung des Verfas­sungs­ge­richtshofs nicht die Anordnung einer Anwesen­heits­pflicht. Die Pflicht zur Ermöglichung von Aufnahmen bedeute vielmehr, dass das Gericht die Sache erst eine angemessene Zeit nach der in der Ladung bestimmten Uhrzeit aufrufe oder dass Aufnahmen nicht gezielt verhindert werden dürfen.

Quelle: Verfassungsgerichtshof Berlin, ra-online (vt/rb)

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