Dokument-Nr. 4587
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss23.07.2007
Einführung von Pflichtfranzösisch in Baden-Württemberg vorerst gestoppt
Baden-württembergische Gymnasien sind vorläufig nicht (mehr) verpflichtet, ab dem Schuljahr 2007/2008 die in der Grundschule erlernte Fremdsprache fortzuführen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat auf die Anträge eines Karlsruher Schülers und dessen Mutter das In-Kraft-Treten der Regelungen einer Rechtsverordnung des Kultusministeriums ausgesetzt, die eine solche Verpflichtung vorsahen. Damit können auch Gymnasien in der "Rheinschiene" bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag in der Hauptsache weiterhin Englisch als erste Fremdsprache anbieten.
Das Kultusministerium Baden-Württemberg hatte mit Verordnung vom 21.03.2007 die "Stundentafelverordnung Gymnasium" geändert und die Gymnasien der Normalform verpflichtet, die Fremdsprache der Grundschule ab Klasse 5 als Kernfach mit mehr als zwei Wochenstunden fortzuführen. Diese am 16.04.2007 im Gesetzblatt verkündete Verordnung sollte am 01.08.2007 in Kraft treten. Danach wären Schüler "in Grenznähe zu Frankreich" ab dem Schuljahr 2007/2008 in der Regel verpflichtet, Französisch als erste Fremdsprache ab Klasse 5 zu erlernen, während in den übrigen Landesteilen Englisch als erste Fremdsprache vorgeschrieben wäre. Die Antragsteller fühlen sich durch diese Änderungsverordnung in ihren Grundrechten verletzt und begehren mit einem Normenkontrollantrag, die Regelung für unwirksam zu erklären. Sie rügen insbesondere eine Verletzung ihres elterlichen Erziehungsrechts, bzw. ihres Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit infolge einer nicht gerechtfertigten Differenzierung nach regionalen Gesichtspunkten. Ihrem zusätzlich gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat der Verwaltungsgerichtshof entsprochen.
Zur Begründung wies der Senat vorab darauf hin, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits deshalb geboten sei, weil die angegriffene Rechtsverordnung auf Grundlage des derzeitigen Erkenntnisstandes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits aus formellen Gründen im Hauptsacheverfahren keinen Bestand haben könne. Die von den Antragstellern beanstandete Regelung greife wesentlich in den grundrechtsrelevanten Bereich der Schüler und der Eltern ein, weshalb dieser Eingriff durch ein förmliches Gesetz legitimiert sein müsse. Zwar gehöre die Festlegung einer Sprachfolge innerhalb einer Schulart grundsätzlich zum staatlichen Gestaltungsbereich. Der Gesetzgeber müsse aber innerhalb eines Bundeslandes dafür Sorge tragen, dass eine kontinuierliche Schulausbildung ohne Brüche gewährleistet werde und insbesondere bei einem Umzug innerhalb des Landes hinsichtlich der Schulausbildung keine unangemessenen Benachteiligungen aufträten. Solche Brüche und Benachteiligungen seien jedoch dann nicht ausgeschlossen, wenn die staatliche Regelung – wie hier – aus überwiegend politischen Motiven in einzelnen Landesteilen eine Verpflichtung vorsehe, unterschiedliche versetzungsrelevante Fremdsprachen zu erlernen. Eine solche politische Entscheidung müsse daher auch bei Anlegung strenger Prüfungsmaßstäbe dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten bleiben. Insoweit unterscheide sich die Regelung auch deutlich von der Einführung verschiedener Grundschulfremdsprachen. Denn bei dieser, ebenfalls durch Rechtsverordnung angeordneten und vom Senat bestätigten Regelung sei eine wesentliche Grundrechtsbetroffenheit schon deshalb ausgeschlossen, weil die Grundschulfremdsprache weder versetzungsrelevant noch für die Grundschulempfehlung von Bedeutung sei. Auch seien nach dem damaligen Vortrag des Landes keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich gewesen, dass die vielfältigen Wahl- und Gestaltungsmöglichkeiten der gymnasialen Schulbildung durch die Grundschulfremdsprache eingeschränkt würden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.07.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 24.07.2007
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