18.10.2024
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Dokument-Nr. 4480

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss25.06.2007

Alten- und Pflegeheim darf vorläufig als "Wohnge­mein­schaft" weitergeführt werden

Acht pflege­be­dürftige Bewohner eines ehemaligen Alten- und Pflegeheims dürfen trotz einer Unter­sa­gungs­ver­fügung des Landratsamtes Hohenlohekreis vorläufig weiter als "Wohnge­mein­schaft" in den bislang von ihnen bewohnten Räumlichkeiten verbleiben. Dies hat der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg entschieden und die Beschwerde des Landes (Landratsamt Hohenlohekreis) gegen einen gleichlautenden Beschluss des Verwal­tungs­ge­richts Stuttgart zurückgewiesen.

Das von der Ehefrau des Antragstellers seit 1998 geführte Alten- und Pflegeheim musste seinen Betrieb einstellen, weil es den Anforderungen des Heimgesetzes, insbesondere hinsichtlich der erforderlichen Mindestgröße der Wohnschlafräume, nicht entsprach. Um weiterhin gemeinsam in der ihnen vertrauten Umgebung bleiben zu können, mieteten die erheblich bzw. schwer­st­pfle­ge­be­dürftigen Heimbewohner vom Antragsteller die bislang von ihnen bewohnten Räumlichkeiten an. Gleichzeitig vereinbarten sie mit einer Firma des Antragstellers eine umfassende hauswirt­schaftliche Betreuung sowie Verpflegung, und beauftragten einen ambulanten Pflegedienst mit den darüber hinaus erforderlichen Pflege­leis­tungen. Die Ehefrau des Antragstellers, eine gelernte Altenpflegerin, wurde unmittelbar nach Einstellung des von ihr verantworteten Heimbetriebs bei diesem Pflegedienst angestellt und übernimmt weitgehend die Pflege. Das Landratsamt sah hierin eine Umgehung des Heimgesetzes und untersagte den Heimbetrieb. Der gleichzeitig angeordnete Sofortvollzug der Verfügung wurde auf Antrag des Antragstellers vom Verwal­tungs­gericht ausgesetzt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Landes wies der Verwal­tungs­ge­richtshof nunmehr zurück.

Mit dem Verwal­tungs­gericht ging der Verwal­tungs­ge­richtshof davon aus, dass derzeit nicht abschließend geklärt sei, ob es sich bei der „Wohnge­mein­schaft“ noch um ein Heim im Sinne des Heimgesetzes handle. Es sei bereits zweifelhaft, ob die „Wohnge­mein­schaft“ in ihrem Bestand tatsächlich vom Wechsel und von der Zahl ihrer Mitglieder unabhängig sei, was Voraussetzung für ein Heim im Sinne des Heimgesetzes wäre. Der Anschein spreche bei einer Gesamt­be­trachtung zwar durchaus für eine - wenn auch aufgrund anderer Vertrags­grundlage fortbestehende „heimmäßige“ Betreuung. Jedoch lasse sich einstweilen nicht abschließend beurteilen, ob die rechtliche Konstruktion allein deshalb gewählt worden sei, um die Bestimmungen des Heimgesetzes zu umgehen. Aufgrund der vom Antragsteller über die gewährte Unterkunft hinaus zunächst für ein Jahr konkret angebotenen Betreuung und Verpflegung könne nicht ohne weiteres von einer auch für den Fall der Verschlech­terung des Gesund­heits­zu­standes übernommenen (umfassenden) Versor­gungs­ga­rantie ausgegangen werden. Eine solche Versor­gungs­ga­rantie sei jedoch für eine „heimmäßige“ Betreuung kennzeichnend. Ob auf die eigen­ver­ant­wortlich entscheidende „Wohnge­mein­schaft“ gleichwohl das Heimgesetz anzuwenden sein könnte, weil die von ihnen gewünschte Rundum­ver­sorgung nur im Hause des Antragstellers zu gewährleisten wäre, lasse sich ebenfalls noch nicht abschließend beurteilen. Den Sofortvollzug der Unter­sa­gungs­ver­fügung hielt der Verwal­tungs­ge­richtshof nicht zuletzt auch deshalb für derzeit nicht angezeigt, weil die Mitglieder der „Wohnge­mein­schaft“ sich von dem beauftragten Pflegedienst ausreichend versorgt fühlten und sie bei einem Vollzug der Unter­sa­gungs­ver­fügung vor einer endgültigen Klärung der offenen Fragen ihr vertrautes Zuhause verlören.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 03.07.2007

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