23.11.2024
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Dokument-Nr. 11753

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Verwaltungsgericht Kassel Beschluss

Schließung einer Wohnge­mein­schaft für Senioren wegen Nichterfüllung der Anforderungen an das Heimgesetz gerechtfertigtRund-um-die-Uhr-Betreuung weist deutlichen Heimcharakter der Einrichtung auf

Das Verwal­tungs­gericht Kassel hat die vom Land Hessen veranlasste Schließung einer "Wohnge­mein­schaft" für pflege­be­dürftige Senioren für rechtmäßig erachtet. Die Wohnge­mein­schaft ist eher als Heim einzustufen, welches die Anforderungen an das Heimgesetzes nicht ausreichend erfüllt.

Im zugrunde liegenden Streitfall hatte der Eigentümer eines Hauses - ein ehemaliges Jugendgästehaus - dieses umgebaut und darin auf zwei Etagen 10 Einzelzimmer mit Gemein­schafts­räumen und zwei Gemein­schafts­bädern eingerichtet. Die Räume vermietete er sodann an Senioren und verwies zugleich auf die Möglichkeit, sich für Pflege­leis­tungen an den Pflegedienst XY zu wenden; sämtliche Senioren schlossen in der Folgezeit mit diesem Pflegedienst einen Pflegevertrag.

Betrieb der Wohnge­mein­schaft untersagt

Im Februar 2011 untersagte das Land Hessen den Betrieb dieser Wohngemeinschaft auf der Grundlage des Heimgesetzes und verfügte die umgehende Schließung. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich in Wahrheit bei dieser Wohnge­mein­schaft um ein Heim handele, das den Anforderungen des Heimgesetzes gerecht werden müsse, die jedoch nicht erfüllt würden.

Hauseigentümer und Pflegedienst halten Heimgesetz nicht für anwendbar

Sowohl der Eigentümer des Hauses als auch der Pflegedienst suchten daraufhin beim Verwal­tungs­gericht Kassel um Eilrechtsschutz nach und machten geltend, für die Frage, ob eine Institution als Heim anzusehen sei, komme es allein auf die gewählten vertraglichen Konstruktionen an. Da vorliegend zwischen dem Eigentümer des Hauses und dem von den Senioren beauftragten Pflegedienst keine vertraglichen Beziehungen bestünden, sie ihre Leistungen vielmehr unabhängig voneinander anböten, dürfe die Einrichtung nicht als Heim eingestuft werden. Es handele sich um eine Wohnge­mein­schaft, mit der den Bewohnern die Möglichkeit eines selbst­be­stimmten Lebens im Alter ermöglicht werde, so dass insoweit das Heimgesetz keine Anwendung finden könne.

Bewohnern sind hauptsächlich pflege­be­dürftige Menschen, für die nicht ein selbst­be­stimmtes Zusammenleben im Alter im Mittelpunkt steht

Dem folgte das Verwal­tungs­gericht Kassel nicht. Anknüpfend an die Rechtsprechung des Hessischen Verwal­tungs­ge­richtshofes führte sie aus, die gesamte Konzeption der Einrichtung sei darauf angelegt, älteren, pflege­be­dürftigen Menschen eine Vollversorgung im Zusammenwirken mit dem Pflegedienst zukommen zu lassen, die letztlich Heimcharakter aufweise. Insoweit seien die subjektiven Vorstellungen und Selbst­ein­schät­zungen des Vermieters bzw. Pflegedienstes unerheblich; maßgeblich komme es nicht auf die von den Beteiligten gewählte vertragliche Gestaltung, sondern allein auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Davon ausgehend handele es sich hier um eine Einrichtung mit Heimcharakter, weil die tatsächlichen Verhältnisse objektiv darauf ausgerichtet seien, ältere pflege­be­dürftige Menschen aufzunehmen und ihnen eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung zu gewährleisten. Dabei stellte das Gericht maßgeblich darauf ab, dass es sich bei allen Bewohnern um pflege­be­dürftige Menschen handelte. Zudem belege der Umstand, dass der Pflege- und Betreu­ungs­bedarf mit über 10.000 Euro im Monat nahezu das Dreifache der Mietauf­wen­dungen betrage, deutlich, dass es vor allem darum gehe, den Bedarf der Senioren an umfassender Betreuung zu erfüllen und nicht ihr Bedürfnis nach einem selbst­be­stimmten Zusammenleben im Alter.

Senioren sind angesichts der Pflege­be­dürf­tigkeit nicht in der Lage, Zusammenleben gemeinsam und eigen­ver­ant­wortlich zu regeln

Auch der Einwand, dass hinsichtlich der Auswahl des Pflegedienstes nach der vertraglichen Gestaltung Wahlfreiheit für die Senioren bestehe, ändere an dieser Einschätzung nichts, da diese Wahlfreiheit angesichts der räumlichen Situation nur theoretisch bestehe. Denn in den vermieteten Zimmern befinde sich weder eine Küche oder Kochgelegenheit noch befinde sich dort ein Bad oder eine Wasch­ge­le­genheit bzw. ein WC. Es könne deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass hier tatsächlich die Möglichkeit bestehe, unter­schiedliche Betreuungs- und Pflegedienste mit einer individuellen Rund-um-die-Uhr-Einzelpflege zu betrauen. Schließlich seien die Senioren auch angesichts ihrer erheblichen Pflege­be­dürf­tigkeit nicht in der Lage, ihr Zusammenleben gemeinsam und eigen­ver­ant­wortlich zu regeln. Die Bewohner der Einrichtung hätten darüberhinaus weder eine rechtliche noch eine tatsächliche Möglichkeit, bei der Aufnahme neuer Bewohner mitzuent­scheiden und auch die Aufnahme von Kurzzeit­pfle­ge­pa­tienten durch den Vermieter spreche gegen das Vorhandensein wohnge­mein­schaft­licher Strukturen.

Quelle: Verwaltungsgericht Kassel/ra-online

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