21.11.2024
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Dokument-Nr. 12769

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil15.12.2011

Stuttgart 21: VGH Mannheim verhängt wegen Schutz des Juchtenkäfers vorläufigen Baustopp für Stuttgart 21Klage des BUND gegen 5. Planänderung (Umplanung des Grund­was­ser­ma­na­gements) erfolgreich

Die vom Eisenbahn-Bundesamt zugelassene 5. Änderung des Planfest­stel­lungs­be­schlusses vom 28.01.2005 betreffend die Umplanung des Grund­was­ser­ma­na­gements für den Bau des neuen Tiefbahnhofs in Stuttgart ist rechtswidrig und nicht vollziehbar. Dies hat der 5. Senat des Verwal­tungs­ge­richtshofs Baden-Württemberg mit Urteil vom 15.12.2011 (Az: 5 S 2100/11) festgestellt und damit einer entsprechenden Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) stattgegeben. Dessen weitergehender Antrag, den Bescheid zur 5. Planänderung vom 30.04.2010 zur Gänze aufzuheben, ist hingegen ohne Erfolg geblieben, weil das Eisenbahn-Bundesamt die Möglichkeit hat, den festgestellten Mangel unter Beteiligung des BUND in einem ergänzenden Verfahren zu beheben.

Mit gesondertem Beschluss vom 15.12.2011 (Az: 5 S 2910/11) hat der 5. Senat zugleich in dem anhängigen vorläufigen Rechts­schutz­ver­fahren entschieden und die aufschiebende Wirkung der vom BUND gegen den Bescheid vom 30.04.2010 erhobenen Klage wieder­her­ge­stellt. Diese Entscheidung bewirkt, dass Baumaßnahmen zur Realisierung des geänderten Grund­was­ser­ma­na­gements - entgegen dem vom Eisenbahn-Bundesamt angeordneten Sofortvollzug des Bescheids zur 5. Planänderung - vorläufig unterbleiben müssen.

Gegenstand des nunmehr für rechtswidrig erklärten Bescheids zur 5. Planänderung ist die Umplanung des Grund­was­ser­ma­na­gements, welches für den Bau des neuen Tiefbahnhofs erforderlich ist. Das dem bestands­kräftigen Planfest­stel­lungs­be­schluss vom 28.01.2005 für das Projekt „Stuttgart 21“ zugrun­de­liegende Grund­was­ser­konzept sah ursprünglich den Bau von drei einzelnen Infil­tra­ti­o­ns­was­ser­auf­be­rei­tungs­anlagen und einer Überschuss­was­ser­auf­be­rei­tungs­anlage an insgesamt vier Standorten in der Nähe des bestehenden Haupt­bahn­hofs­ge­bäudes vor. Mit dem Bescheid zur 5. Planänderung ließ das Eisenbahn-Bundesamt die „Zentralisierung“ dieser Anlagen an einem Standort zu. Es ging hierbei von der Vorstellung aus, dass der bisherige Planfest­stel­lungs­be­schluss nur hinsichtlich des neuen zentralen Technikgebäudes für die Wasser­be­handlung geändert werden müsse, die dem Betrieb der neuen Anlage dienenden zahlreichen Rohrleitungen, Grund­was­ser­mess­stellen und Infil­tra­ti­o­ns­brunnen aber außer Betracht bleiben könnten, weil sie als reine Ausfüh­rungs­planung nicht planfest­stel­lungs­be­dürftig seien.

Dem ist der Verwal­tungs­ge­richtshof nicht gefolgt. Er stellt in seinen Entscheidungen klar, dass die genannten Nebenanlagen nicht getrennt von der Umplanung des zentralen Technikgebäudes betrachtet werden dürfen. Diese gehörten notwen­di­gerweise zum Betrieb der (neuen) Wasser­be­hand­lungs­anlage und hätten bereits im Rahmen des Verfahrens zur 5. Planänderung in den Blick genommen werden müssen. Das Eisenbahn-Bundesamt hätte die Frage prüfen und planungs­rechtlich bewältigen müssen, welche natur­schutz­recht­lichen Folgen der Bau dieser Nebenanlagen im Bereich des mittleren Schlossgarten insbesondere für die vom Juchtenkäfer besiedelten Bäume mit sich bringt. In diesem Zusammenhang hätte das Eisenbahn-Bundesamt den BUND im Planän­de­rungs­ver­fahren beteiligen müssen. Denn schon während des Planän­de­rungs­ver­fahrens hätten Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass (auch) im mittleren Schlossgarten - entgegen bisherigen Erkenntnissen, die dem ursprünglichen Planfest­stel­lungs­be­schluss vom 28.01.2005 zugrunde lagen - doch eine lokale Population des Juchtenkäfers, einer europarechtlich streng geschützten Art, nachgewiesen sei. Bei dieser Sachlage, so der VGH, sei die Frage, ob der Bau der Rohrleitungen, Grund­was­ser­mess­stellen und Infil­tra­ti­o­ns­brunnen im Mittleren Schlossgarten zu relevanten Beein­träch­ti­gungen dieser Population führe und welche verbindlichen Maßnahmen zum Schutz dieser Population ggf. zu ergreifen seien, schon im Rahmen des Planän­de­rungs­ver­fahrens zu bewältigen gewesen und hätte nicht der Bauausführung vorbehalten werden dürfen.

Der im vorläufigen Rechts­schutz­ver­fahren ergangene Beschluss (5 S 2910/11) ist unanfechtbar.

Die Revision gegen das Urteil (5 S 2100/11) hat der VGH nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann binnen eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils durch Beschwerde zum Bundes­ver­wal­tungs­gericht angefochten werden.

Quelle: ra-online, VGH Mannheim (pm/pt)

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