15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen das Schild des Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
ergänzende Informationen

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil22.01.2013

Baden-Württemberg: Privatisierung der Bewährungshilfe verletzt keine Rechte der beamteten Bewäh­rungs­helferGestal­tungs­spielraum zur Modernisierung des öffentlichen Dienstrechts durch Landes­ge­setzgeber nicht verletzt

Die gesetzliche Übertragung von Weisungs- und Aufsichts­rechten sowie sonstigen Dienst­her­ren­be­fug­nissen auf einen freien Träger im Rahmen der Privatisierung der Bewährungs- und Gerichtshilfe in Baden-Württemberg verletzt keine Rechte der beamteten Bewäh­rungs­helfer. Dies entschied der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg.

Der Kläger des zugrunde liegende Falls ist beamteter Bewährungshelfer im Dienst des Landes Baden-Württemberg (Beklagter). Der Beklagte hat im Rahmen der Privatisierung der Bewährungshilfe eine gemeinnützige GmbH (Beigeladene) mit der Durchführung der Bewährungs- und Gerichtshilfe in Baden-Württemberg beliehen. Grundlage dafür sind das Landesgesetz über die Bewährungs- und Gerichtshilfe sowie die Sozialarbeit im Justizvollzug (LBGS), eine hierzu ergangenen Durch­füh­rungs­ver­ordnung sowie ein Beleihungs-, Durchführungs- und Dienst­leis­tungs­über­las­sungs­vertrag zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen. Der Kläger sieht sich dadurch in seinen Rechten verletzt.

Verwal­tungs­gericht weist Klage trotz verfas­sungs­recht­licher Bedenken ab

Das Verwal­tungs­gericht wies seine Feststel­lungsklage, dass die Überlassung von Weisungs- und Aufsichts­rechten sowie sonstigen Dienst­her­ren­be­fug­nissen an einen freien Träger seine Rechte verletzt, trotz verfas­sungs­recht­licher Bedenken ab, nachdem das Bundes­ver­fas­sungs­gericht einen vorangegangenen Vorla­ge­be­schluss des Verwal­tungs­ge­richts als unzulässig beschieden hatte. Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts zurückgewiesen.

Bundesrecht steht landes­recht­licher Beleihung eines freien Trägers nicht entgegen

Der Verwal­tungs­ge­richtshof teilt die verfas­sungs­recht­lichen Bedenken des Verwal­tungs­ge­richts nicht. Das Bundesrecht stehe der landes­recht­lichen Beleihung eines freien Trägers in Verbindung mit einer Überlassung des Ergebnisses der Dienstleistung der beamteten Bewäh­rungs­helfer nicht entgegen. Auch eine besondere verfas­sungs­rechtliche Öffnungsklausel sei hierfür nicht erforderlich. Auf den Funkti­o­ns­vor­behalt des Grundgesetzes, wonach die Ausübung hoheits­recht­licher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen ist, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, könne sich der Kläger nicht berufen. Denn dieser Vorbehalt diene nicht dem Schutz individueller Beamten­in­teressen.

Übertragung der Ausübung von Entschei­dungs­be­fug­nissen auf einen Nicht­dienstherrn ist rechtlich nicht zu beanstanden

Das verfas­sungs­rechtliche Gebot, das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berück­sich­tigung der hergebrachten Grundsätze des Berufs­be­am­tentums zu regeln und fortzu­ent­wickeln, sei nicht verletzt. Die auf gesetzlicher Grundlage und damit demokratisch hinreichend legitimierte Übertragung der Ausübung von Entschei­dungs­be­fug­nissen auf einen Nicht­dienstherrn sei rechtlich nicht zu beanstanden. Denn dem Land seien als Dienstherrn, dem die Fachaufsicht über die freien Träger bei Erledigung der übertragenen Aufgaben sowie die Dienstaufsicht über die Bewäh­rungs­helfer obliege, hinreichende Kontroll- und Eingriffs­be­fugnisse eingeräumt worden. Dem freien Träger werde nicht "der Beamte", sondern nur das Ergebnis seiner Dienstleistung überlassen. Das fortbestehende Dienst- und Treueverhältnis zum Land als Dienstherrn werde nicht in verfas­sungs­widriger Weise beeinträchtigt. Der dem Landes­ge­setzgeber zustehende Gestal­tungs­spielraum, das öffentliche Dienstrecht zu modernisieren und an sich ändernde Rahmen­be­din­gungen anzupassen, sei nicht verlassen worden. Fehlerhafte Entscheidungen auf Seiten des freien Trägers oder des Dienstherrn könnten im Einzelfall rechtlich überprüft werden.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil15219

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI