21.11.2024
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Dokument-Nr. 3964

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil13.02.2007

Besoldung kinderreicher Beamter nicht verfas­sungsgemäß

Beamten mit drei oder mehr Kindern wurde in den Jahren 1999 - 2001 und 2004 nicht die verfas­sungs­rechtlich gebotene Minde­sta­li­men­tation gewährt. Dies hat der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg entschieden. Dem Kläger, einem Hochschul­do­zenten mit drei Kindern, wurde für diesen Zeitraum über die gesetzlich vorgesehene Besoldung hinaus ein Betrag in Höhe von insgesamt (netto) 1.301,07 EUR zugesprochen.

Der Kläger war von 1995 bis September 2001 als wissen­schaft­licher Assistent an einer Universität des Landes tätig und schied danach aus dem Beamten­ver­hältnis aus. Mit Wirkung vom 01.10.2003 wurde er erneut in das Beamten­ver­hältnis auf Zeit berufen und zum Hochschul­do­zenten (Besol­dungs­gruppe C 2) ernannt. Wie zahlreiche Landes- und Bundesbeamte mit mehr als zwei Kindern klagte er vor dem Verwal­tungs­gericht auf eine höhere Besoldung und berief sich dabei auf einen Beschluss des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts aus dem Jahr 1998. Hierin hatte das Bundes­ver­fas­sungs­gericht zum wiederholten Male festgestellt, dass die Besoldung dieser Beamten unter der verfas­sungs­rechtlich gebotenen Mindestgrenze liege, weil die gesetzliche Besoldung die familiären Unterhalts-pflichten nicht reali­täts­gerecht berücksichtige. Es gab dem Gesetzgeber auf, die Besoldung bis spätestens 31.12.1999 den verfas­sungs­recht­lichen Vorgaben anzupassen. Komme der Gesetzgeber dieser Verpflichtung nicht nach, habe der Besol­dungs­emp­fänger für das dritte und jedes weitere unter­halts­be­rechtigte Kind Anspruch auf famili­en­be­zogene Gehalts­be­standteile in Höhe von 115 v.H. des durch­schnitt­lichen sozia­l­hil­fe­recht­lichen Gesamtbedarfs eines Kindes. Nach erfolgloser Durchführung eines Wider­spruchs­ver­fahren verpflichtete das Verwal­tungs­gericht Karlsruhe mit Urteil vom 26.01.2005 das Land zur Zahlung von netto 2.170,01 EUR für die Zeit vom 01.01.1999 bis 31.12.2004. Die vom Verwal­tungs­ge­richtshof zugelassene Berufung des Landes gegen dieses Urteil hatte nur teilweise Erfolg.

Mit dem Verwal­tungs­gericht ging der Verwal­tungs­ge­richtshof davon aus, dass die Besoldung der Beamten (hier: der Besol­dungs­gruppe C1/C2) mit mehr als drei Kindern in den hier allein im Streit stehenden Jahren 1999 bis 2001 und 2003/2004 nicht den Vorgaben des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts entspreche. Da der Gesetzgeber der vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht auferlegten Verpflichtung jedenfalls bis zum Jahr 2004 nicht ausreichend nachgekommen sei und die Besoldung kinderreicher Familien auch unter Berück­sich­tigung der Änderungen des Besoldungs-, Kindergeld- und Steuerrechts nicht entsprechend den verfas­sungs­ge­richt­lichen Vorgaben geregelt habe, seien die Verwal­tungs­ge­richte befugt, ab dem 01.01.2000 höhere famili­en­be­zogene Gehalts­be­standteile zuzusprechen. Diese Befugnis erstrecke sich auch auf das Jahr 1999. Dem Kläger stehe für das Jahr 2003 je-doch kein Anspruch auf Erhöhung der gesetzlich vorgesehenen famili­en­be­zogenen Gehalts­be­standteile zu, da er diesen Anspruch - nach dem Wiedereintritt in das Beamten­ver­hältnis - erst im Jahr 2004 gegenüber der Beklagten geltend gemacht habe. Insoweit sei das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts abzuändern. Für den verbleibenden Zeitraum, d.h. für die Zeit vom 01.01.1999 bis 30.09.2001 (dem Ausscheiden des Klägers aus dem Beamten­ver­hältnis) und für das Jahr 2004 errechnete der VGH einen nicht gedeckten Unter­halts­bedarf des dritten Kindes des Klägers in Höhe von monatlich netto 25,76 EUR (1999), 30,21 EUR (2000), 29.19 EUR (2001) und 30,56 EUR (2004). Diese Beträge ermittelte das Gericht durch Gegen­über­stellung der monatlichen Einkom­mens­dif­ferenz aus dem Nettoeinkommen eines Beamten derselben Besol­dungs­gruppe mit zwei Kindern und mit drei Kindern und stellte diesem Betrag den um 15 % erhöhten durch­schnitt­lichen sozia­l­hil­fe­recht­lichen Gesamtbedarf eines Kindes gegenüber.

Obwohl die Entscheidung unmittelbar nur einen begrenzten Personenkreis und einen begrenzten Zeitraum betrifft, ist sie gleichwohl für eine Vielzahl von Beamten aller Besol­dungs­gruppen von Bedeutung. Bei den Behörden und den Verwal­tungs­ge­richten sind noch mehrere Hundert vergleichbare Verfahren anhängig, die derzeit jedoch überwiegend auf Antrag der Beteiligten ruhen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 15.03.2007

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