21.11.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss10.07.2012

Privater Badesteg im Schilf des Bodenseeufers unzulässigErrichtung eines Badestegs in Flachwasserzone stellt erlaub­nis­pflichtige “Benutzung“ eines Gewässers dar

Im Schilf der Flachwasserzone des Bodensees sind private Badestege typischerweise unzulässig. Die damit verbundene Einschränkung des Eigentums ist entschä­di­gungslos hinzunehmen. Dies entschied der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg. Der Antrag eines Grund­s­tücks­ei­gen­tümers, die Berufung gegen ein Urteil des Verwal­tungs­ge­richts Freiburg zuzulassen, blieb damit erfolglos. Das Verwal­tungs­gericht hatte zuvor seine Klage auf Genehmigung eines vorhandenen Badestegs sowie gegen eine Besei­ti­gungs­ver­fügung des Landratsamts Konstanz abgewiesen.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist Eigentümer eines Grundstücks am Bodensee. Entlang des Ufers verläuft ein von Stegen durchsetzter Schilfgürtel. Ein vom Grundstück des Klägers durch das Schilf führender Badesteg wurde 1999 befristet bis Ende 2006 genehmigt. Im Jahr 2006 erteilte das Landratsamt dem Kläger entsprechend einem "Nutzungskonzept" von 1984, das der damalige Landrat nach einer Absprache mit Behör­den­ver­tretern und Grund­s­tücks­ei­gen­tümern niedergelegt hatte, eine neue Genehmigung mit der Einschränkung, dass sein Steg auch dem Nachba­r­grundstück als Seezugang dienen solle; zugleich verfügte es die Beseitigung des Nachbarstegs. Nachdem der Kläger und sein Nachbar Widerspruch erhoben hatten, lehnte die Behörde jedoch eine weitere Genehmigung ab und ordnete die Beseitigung beider Stege an.

Kläger macht ernstliche Zweifel an Richtigkeit des Urteils des Verwal­tungs­ge­richts geltend

Die dagegen erhobenen Klagen wies das Verwal­tungs­gericht Freiburg im Anschluss an ein Urteil des Verwal­tungs­ge­richtshofs zur Unzulässigkeit von Dalben (Boots­an­bin­de­pfähle) in der Flachwasserzone des Bodensees ab. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung machte der Kläger u.a. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend.

Existenz von Stegen in geschützten Flach­was­serzonen des Bodenseeufers hat nachteilige Auswirkungen auf Vegetation sowie auf lokales Sediments- und Strömungs­ge­schehen

Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg teilte die Zweifel nicht. Das Gericht weist zunächst den Einwand zurück, Badestege seien anders als Dalben oder Bootsstege zu beurteilen. Auch die Errichtung eines Badestegs in der Flachwasserzone sei eine erlaub­nis­pflichtige “Benutzung“ eines Gewässers. Ein Badesteg sei mehr noch als einzelne Dalben ein Fremdkörper in der ökologisch besonders hochwertigen und gegenüber äußeren Einflüssen empfindlichen Flachwasserzone und beeinflusse diese Zone nachteilig. Das Verwal­tungs­gericht habe auch zutreffend festgestellt, dass der Badesteg nicht erlaubt werden könne, weil er die Funktion der Flachwasserzone des Bodenseeufers beeinträchtige und somit dem Wohl der Allgemeinheit widerspreche. Wie der Verwal­tungs­ge­richtshof mehrfach entschieden habe, wirke sich bereits die Existenz von Stegen in der geschützten Flachwasserzone des Bodenseeufers nachteilig auf das lokale Sediments- und Strömungs­ge­schehen und die Vegetation, insbesondere durch Verschattung, aus. Die Flachwasserzone sei wegen ihrer Bedeutung für die Selbst­rei­ni­gungskraft des Sees und damit für seine Eignung als Trink­was­ser­quelle besonders schutzwürdig. Dies gelte in besonderem Maße für die Schilfzone, in der sich das Wasser regeneriere. Diese Bewertung decke sich mit den Aussagen im Boden­see­u­ferplan.

Einschränkung der Eigen­tü­mer­be­fugnisse ist als Ausdruck der Sozial­ge­bun­denheit entschä­di­gungslos hinzunehmen

Die Besei­ti­gungs­a­n­ordnung verletze den Kläger nicht in seinem Eigen­tums­grundrecht. Das Grund­s­tücks­ei­gentum reiche nicht uneingeschränkt in den Bodensee hinein; vielmehr stehe das Gewässerbett im öffentlichen Eigentum des Landes. Im Übrigen übersehe der Kläger, dass es Sache des Gesetzgebers sei, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen. Das sei durch die wasser­recht­lichen Regelungen geschehen. Die damit verbundene Einschränkung der Eigen­tü­mer­be­fugnisse sei als Ausdruck der Sozial­ge­bun­denheit entschä­di­gungslos hinzunehmen. Mit seiner Lage am Bodensee als Trink­was­ser­speicher für rund 4 Millionen Menschen habe das Grundstück des Klägers einen besonderen sozialen Bezug. Auf den Fortbestand der ihm im Juli 2006 zunächst erteilten neuen Genehmigung habe der Kläger nicht vertrauen können, weil er sie nicht akzeptiert und umgesetzt, sondern angefochten habe. Der Kläger werde im Vergleich mit Eigentümern, deren Genehmigungen erst Ende 2015 ausliefen, auch nicht verfas­sungs­widrig ungleich behandelt. Zum einen müsse auch er seinen Steg frühestens im Jahr 2012 beseitigen. Zum anderen entsprächen die noch befristet genehmigten anderen Stege, anders als derjenige des Klägers, dem "Nutzungskonzept", auf dessen Umsetzung ihre Eigentümer jahrelang vertraut hätten.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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