15.11.2024
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Dokument-Nr. 22977

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Beschluss27.10.2015Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg3 S 1985/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-Spezial 2016, 78Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2016, Seite: 78
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Vorinstanz:
  • Verwaltungsgericht Stuttgart, Beschluss07.09.2015, 5 K 2863/15
ergänzende Informationen

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss27.10.2015

Errichtung einer Kindes­ta­gesstätte in einem "Wohngebiet mit Gewer­be­be­trieben" im Sinne der Ortsbausatzung zulässigKinder­ta­gesstätte in Wohngebiet zu erwarten und mit ihm verträglich

In einem "Wohngebiet mit Gewer­be­be­trieben" im Sinne einer Ortsbausatzung ist die Errichtung einer Kinder­ta­gesstätte allgemein zulässig. Denn solche Einrichtungen sind in einem Wohngebiet zu erwarten und mit ihm verträglich. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwaltungs­gerichts­hofs Baden-Württemberg hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Eigentümer mehrerer Grundstücke, auf denen eine Frucht­saft­molkerei und ein Getränkemarkt betrieben wurden, legte gegen die im März 2015 erteilte Genehmigung zur Errichtung einer Kindertagesstätte auf ein benachbarten Grundstück Widerspruch ein. Zugleich wollte er im Eilverfahren einen Baustopp erreichen. Seiner Meinung nach, habe das Bauvorhaben im Widerspruch zur in der Ortsbausatzung festgesetzten Nutzungsart des Gebiets als "Wohngebiet mit Gewer­be­be­trieben" gestanden. Zudem befürchtete der Grund­s­tücks­ei­gentümer, dass die Frucht­saft­molkerei sowie der Getränkemarkt durch die Errichtung der Kinder­ta­gesstätte von Auflagen betroffen sein können. So könne die Kinder­ta­gesstätte erheblich von Lärm und Geruch belästigt werden. Darüber hinaus sei aufgrund der Obstver­a­r­beitung eine starke Insektenplage zu befürchten. Das Gebot der Rücksichtnahme habe dem Bauvorhaben somit ebenfalls im Wege gestanden.

Verwal­tungs­gericht verneint Anspruch auf sofortigen Baustopp

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart verneinte einen Anspruch auf einen sofortigen Baustopp. Denn seiner Auffassung nach, sei die Kinder­ta­gesstätte in dem "Wohngebiet mit Gewer­be­be­trieben" allgemein zulässig gewesen. Gegen diese Entscheidung legte der Grund­s­tücks­ei­gentümer Beschwerde ein.

Verwal­tungs­ge­richtshof hält Kinder­ta­gesstätte ebenfalls für zulässig

Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg bestätigte die Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts und wies daher die Beschwerde des Grund­s­tücks­ei­gen­tümers zurück. In einem "Wohngebiet mit Gewer­be­be­trieben" sei eine Kinder­ta­gesstätte allgemein zulässig. Es handle sich dabei um eine Einrichtung, die in einem Wohngebiet allgemein erwartet werde oder jedenfalls mit ihm verträglich sei.

Kinder­ta­gesstätte stellt keine gebietsfremde Nutzung dar

Zwar sei es richtig, so der Verwal­tungs­ge­richtshof, dass sich ein Grund­s­tücks­ei­gentümer gegen die Genehmigung einer gebietsfremden Nutzung wenden könne, ohne durch sie beeinträchtigt zu sein. Dem Grund­s­tücks­ei­gentümer stehe insofern ein Anspruch auf Erhaltung der Gebietsart zu. Er müsse das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und somit die schleichende Umwandlung der Gebietsart nicht dulden. Ein solcher Fall habe hier hingegen nicht vorgelegen. Die Kinder­ta­gesstätte habe keine gebietsfremde Nutzung dargestellt. Das Vorhaben sei nicht geeignet gewesen, das Mischverhältnis zwischen Wohnen und nicht wesentlich störenden Gewerbe zu gefährden. Die Kinder­ta­gesstätte habe weder der einen noch der anderen Haupt­nut­zungsart entsprochen, sondern habe eine andere Art der baulichen Nutzung dargestellt.

Kein Verstoß gegen Rücksicht­nah­megebot

Das Vorhaben habe nach Ansicht des Verwal­tungs­ge­richtshofs nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßen. Weder seien durch die Frucht­saft­molkerei und dem Getränkemarkt die Lärmschutz­richtwerte überschritten worden, noch habe eine unzumutbare Geruchs­be­läs­tigung vorgelegen. Auch die Befürchtungen hinsichtlich der starken Insektenplage seien grundlos gewesen. Zwar könne durch die Obstver­a­r­beitung zum Beispiel Wespen angelockt werden. Die Kinder­ta­gesstätte würde insofern aber nur als "Überflugfläche" dienen. Ohnehin sei davon auszugehen, dass der Grund­s­tücks­ei­gentümer, zum Schutz der sich auf seinem Grundstück aufhaltenden Personen und zur eigenen Sicherheit, Abwehrmaßnahmen ergreife, wenn es zu einer erheblichen Belastung mit Insekten komme.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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