14.11.2024
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Sie sehen das RBB-Sendezentrum, einen dreiteiligen Gebäudekomplex des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) in Berlin.

Dokument-Nr. 6591

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil26.08.2004

Autoradio des Ehemanns: Rundfunk­ge­büh­ren­pflicht für Zweitgerät verneint

Die Rundfunkanstalt darf sich zur Begründung der Gebührenpflicht für ein im privaten Kraftfahrzeug des Ehemanns eingebautes weiteres Radio (Zweitgerät) nicht ausschließlich auf die Annahme stützen, es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass dieses Fahrzeug regelmäßig auch für den Betrieb der selbständig tätigen Ehefrau „geschäftlich“ benutzt werde. Mit dieser Begründung hat der 2. Senat des Verwal­tungs­ge­richtshofs Baden-Württemberg (VGH) einen Gebüh­ren­be­scheid des Südwe­strundfunks (Beklagten) aufgehoben und das klagabweisende Urteil des Verwal­tungs­ge­richts Stuttgart geändert.

Der Kläger war vom Beklagten zu Rundfunk­ge­bühren für sein im privaten Kraftfahrzeug eingebautes Radio herangezogen worden. Dieser ging davon aus, dass das Fahrzeug auch im Rahmen des Friseurbetriebs der Ehefrau, die selbst kein Kraftfahrzeug besitzt, eingesetzt werde und mithin auch der gewerblichen Nutzung diene.

Der VGH sah für diese - vom Kläger bestrittene - Annahme keine ausreichenden Anhaltspunkte. Zwar entfalle die Gebüh­ren­freiheit für Zweitgeräte in Kraftfahrzeugen, die zu gewerblichen Zwecken oder zu einer anderen selbständigen Tätigkeit des Rundfunk­teil­nehmers oder eines Dritten genutzt werden. Hierbei komme es, im Gegensatz zum „Bereithalten“ eines Rundfun­k­emp­fangs­geräts, nicht auf die bloße Nutzungs­mög­lichkeit, sondern auf die tatsächliche Nutzung des Radios an, welche die Rundfunkanstalt zu ermitteln habe. Bei der Sachver­halt­s­er­mittlung könne sich die Behörde zwar grundsätzlich auch von typischen Lebens­sach­ver­halten und allgemeinen Erfah­rungs­sätzen leiten lassen. Werde jedoch zur Begründung eines Erfah­rungs­satzes auf die enge Beziehung zwischen den betroffenen Eheleuten abgestellt und mithin die Ehe als „anspruchs­be­grün­dender“ Umstand herangezogen, so widerspreche dies Art. 6 Abs. 1 GG. Dieses Grundrecht verbiete es, Verheiratete allein wegen ihrer Ehe zu benachteiligen. Zudem schließe auch nicht jede „Gefäl­lig­keitsfahrt“ eines Dritten für einen Gewer­be­trei­benden die Gebüh­ren­freiheit für ein dabei mitgeführtes Zweitgerät aus. Ob der Kläger sein Fahrzeug tatsächlich „geschäftlich“ für den Betrieb seiner Ehefrau eingesetzt habe, müsse vom Beklagten nachgewiesen werden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Baden-Würrtemberg

der Leitsatz

Stützt sich die Behörde bei der Sachver­halt­s­er­mittlung für ihre Annahme einer allgemeinen Lebenserfahrung auf die Ehe des Betroffenen als Grundlage und leitet daraus für diesen nachteilige Folgen her, so kann dies gegen den verfas­sungs­recht­lichen Schutz der Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen.

Ob die Nutzung eines Kraftfahrzeugs zu gewerblichen Zwecken erfolgt, darf die Rundfunkanstalt anhand der allgemeinen Lebenserfahrung beurteilen, wenn es um einen typischen Lebens­sach­verhalt geht; der Betroffene darf die dahingehende Annahme aber "widerlegen" (wie Urteil des Senats vom 14.4.1995, NVwZ-RR 1994, 611 = VBlBW 1994, 417).

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