Dokument-Nr. 779
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil11.02.2005
Eine Besprechung mit Behördenvertretern kann teuer werden
Eine Behörde ist berechtigt, ihre bei Besprechungen angefallenen Personal- und Sachkosten einseitig festzusetzen, wenn diese Besprechungen nicht zum Abschluss einer vom Gebührenpflichtigen angestrebten öffentlich-rechtlichen Vereinbarung (hier: Sanierungsvertrag nach dem Bundesbodenschutzgesetz) führen. Auf die Berufung des Landes hat daher der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) ein Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg teilweise geändert und die Klage der Deutschen Bahn AG gegen einen Gebührenbescheid des Landratsamtes Ortenaukreis abgewiesen.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Anfang der 90er Jahre wurden auf dem im Eigentum der Deutsche Bahn AG stehenden Gelände des ehemaligen Stadtbahnhofs in Lahr sanierungsbedürftige Bodenverunreinigungen festgestellt. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens fanden in den Jahren 1997 bis 2001 mehrere Besprechungsrunden zwischen Vertretern der Bahn und Vertretern des Landratsamtes Ortenaukreis statt, mit dem Ziel, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zur Altlastensanierung abzuschließen. Da es in der Folgezeit zu diesem Vertragsabschluss nicht kam, erließ das Landratsamt eine bodenschutzrechtliche Anordnung, mit der es der Bahn aufgab, einen Sanierungsplan zu erstellen. Für die Teilnahme ihrer Bediensteten an den vorbereitenden Besprechungen forderte das Landratsamt im Dezember 2001 von der Bahn 5.000 DM. Diesen Gebührenbescheid hob das Verwaltungsgericht Freiburg mit Urteil vom 24.09.2003 auf. Im Berufungsverfahren reduzierte das Landratsamt die Gebührenforderung auf 2.500 DM = 1.278,23 €. Diese Forderung wurde vom VGH bestätigt.
Zur Begründung führte der VGH aus, staatliche Behörden seien berechtigt, für Amtshandlungen, die sie auf Veranlassung oder im Interesse Einzelner vornähmen, Verwaltungsgebühren zu erheben. Diese Voraussetzungen seien vorliegend gegeben. Die Bahn habe die Besprechungen angeregt und damit veranlasst. Ziel der Bahn sei es gewesen, ihre Inanspruchnahme als Störerin zu vermeiden. Es liege auch eine Amtshandlung und nicht lediglich ein gebührenfreies „Gespräch“ mit der Behörde vor. Denn die Behörde habe in Ausübung ihrer hoheitlichen Befugnisse, d. h. als zuständige Behörde zur Bereinigung der Altlastenproblematik, an den Besprechungen teilgenommen. Diese Besprechungen seien darauf angelegt gewesen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zu schließen. Dass dieser Vertragsabschluss letztlich gescheitert sei, könne unabhängig davon, wessen Verhalten hierfür ursächlich gewesen sei, keine Rolle spielen. Als Gegenleistung für die individuell zurechenbare öffentlich-rechtliche Leistung der Verwaltung könne das Landratsamt der Bahn den Personal- und Sachaufwand ohne vorherige Vereinbarung einseitig und zwangsweise auferlegen. Dies gelte jedoch nur, soweit die Tätigkeit gegenüber dem Gebührenpflichtigen erkennbar geworden sei. Verwaltungsinterne Vorbereitungshandlungen der Behördenbediensteten für die einzelnen Besprechungen seien der Bahn hingegen nicht zurechenbar und daher gebührenfrei. Das zuständige Ministerium für Umwelt und Verkehr habe in der im Zeitpunkt der Besprechungen geltenden Verordnung für „Amtshandlungen im Rahmen der altlastenrechtlichen Überwachung“ einen Gebührenrahmen von 50 DM bis 5.000 DM vorgesehen. Innerhalb dieses Gebührenrahmens sei die Gebühr zutreffend unter Zugrundlegung von pauschalen Stundensätzen (im Jahr 2001: 113 DM bzw. 89 DM für Bedienstete des höheren bzw. gehobenen Dienstes) festgesetzt worden.
Der VGH hat die Revision gegen dieses Urteil nicht zugelassen (AZ: 2 S 2488/03). Hiergegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt, mit der sie die obergerichtliche Klärung der Rechtsfragen in einem Revisionsverfahren erstrebt. Das Beschwerdeverfahren ist beim Bundesverwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen 10 B 33/05 anhängig.
Erläuterungen
siehe auchUrteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Juli 2006 Deutsche Bahn kann nicht zu Verwaltungsgebühren herangezogen werden
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.08.2005
Quelle: Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 22.07.2005
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