15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen drei Hände erschiedener Hautfarbe vor einer Weltkarte.

Dokument-Nr. 6875

Drucken
Urteil24.09.2008Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg13 S 1812/07
ergänzende Informationen

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil24.09.2008

Einbürgerung eines Albaners aus dem Kosovo auch ohne vorherige Entlassung aus der serbischen Staats­an­ge­hö­rigkeitAufgabe einer Staats­an­ge­hö­rigkeit nicht zumutbar

Ein Kosovo-Albaner kann auch dann eingebürgert werden, wenn er seine bisherige Staats­an­ge­hö­rigkeit nicht aufgibt. Das hat der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg entschieden.

Der Kläger, ein albanischer Volks­zu­ge­höriger aus dem Kosovo, reiste Anfang der 90er Jahren als Flüchtling nach Deutschland ein. Seit 2001 ist er im Besitz einer unbefristeten Aufent­halt­s­er­laubnis. Im Jahr 2002 beantragte er seine Einbürgerung. Im Verfahren war von den Voraussetzungen für eine Einbürgerung allein streitig, ob hier ausnahmsweise die Mehrstaatigkeit hingenommen werden muss. Das hat der Verwal­tungs­ge­richtshof nun bejaht und damit ein Urteil des Verwal­tungs­ge­richts bestätigt, mit dem die beklagte Stadt verpflichtet worden ist, den Kläger einzubürgern.

Der Verwal­tungs­ge­richtshof hat festgestellt, dass dem Kläger die Entlassung weder aus einer kosovarischen noch aus der serbischen Staatsangehörigkeit in zumutbarer Weise möglich ist. Der Verwal­tungs­ge­richtshof musste dabei nicht abschließend klären, ob der Kläger von den Behörden der Republik Kosovo mit der Ausstellung eines Reisepasses zu Recht als Staats­an­ge­höriger des nach der Abspaltung von Serbien neu entstandenen Staates in Anspruch genommen worden ist. Denn mangels klarer Zuständigkeiten innerhalb der Republik Kosovo sei nicht erkennbar, dass ein Antrag auf Entlassung aus der Staats­an­ge­hö­rigkeit überhaupt bearbeitet würde. Es könne vom Kläger auch nicht verlangt werden, weiter abzuwarten, bis der Aufbau der Verwaltung im Kosovo abgeschlossen sei.

Auch nach der Unabhän­gig­keits­er­klärung des Kosovo besitze der Kläger weiterhin die serbische Staats­an­ge­hö­rigkeit. Eine ordnungsgemäße Entlassung aus dieser Staats­an­ge­hö­rigkeit sei auf legale Weise in absehbarer Zeit nicht zu erreichen. Ethnische Albaner würden nämlich in der Praxis der serbischen Behörden diskriminiert. Allein für die Beschaffung eines serbischen Passes als Voraussetzung eines Entlas­sungs­antrags sei mit einer mehrjährigen Verfahrensdauer zu rechnen. Es sei auch schon unklar, ob die serbischen Konsulate überhaupt noch für Kosovo-Albaner tätig würden. Dem Kläger könne auch nicht zugemutet werden, das Verfahren durch Einschaltung eines „Vermittlers“ und damit durch Bestechung zu beschleunigen.

Auszug aus dem Staats­an­ge­hö­rig­keits­gesetz

§ 10

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach Maßgabe des § 80 des Aufent­halts­ge­setzes oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn er

4. seine bisherige Staats­an­ge­hö­rigkeit aufgibt oder verliert,

§ 12

(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staats­an­ge­hö­rigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn

3.der ausländische Staat die Entlassung aus der Staats­an­ge­hö­rigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlas­sungs­antrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat,

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 23.10.2008

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil6875

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI