Der Kläger, ein albanischer Volkszugehöriger aus dem Kosovo, reiste Anfang der 90er Jahren als Flüchtling nach Deutschland ein. Seit 2001 ist er im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. Im Jahr 2002 beantragte er seine Einbürgerung. Im Verfahren war von den Voraussetzungen für eine Einbürgerung allein streitig, ob hier ausnahmsweise die Mehrstaatigkeit hingenommen werden muss. Das hat der Verwaltungsgerichtshof nun bejaht und damit ein Urteil des Verwaltungsgerichts bestätigt, mit dem die beklagte Stadt verpflichtet worden ist, den Kläger einzubürgern.
Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass dem Kläger die Entlassung weder aus einer kosovarischen noch aus der serbischen Staatsangehörigkeit in zumutbarer Weise möglich ist. Der Verwaltungsgerichtshof musste dabei nicht abschließend klären, ob der Kläger von den Behörden der Republik Kosovo mit der Ausstellung eines Reisepasses zu Recht als Staatsangehöriger des nach der Abspaltung von Serbien neu entstandenen Staates in Anspruch genommen worden ist. Denn mangels klarer Zuständigkeiten innerhalb der Republik Kosovo sei nicht erkennbar, dass ein Antrag auf Entlassung aus der Staatsangehörigkeit überhaupt bearbeitet würde. Es könne vom Kläger auch nicht verlangt werden, weiter abzuwarten, bis der Aufbau der Verwaltung im Kosovo abgeschlossen sei.
Auch nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo besitze der Kläger weiterhin die serbische Staatsangehörigkeit. Eine ordnungsgemäße Entlassung aus dieser Staatsangehörigkeit sei auf legale Weise in absehbarer Zeit nicht zu erreichen. Ethnische Albaner würden nämlich in der Praxis der serbischen Behörden diskriminiert. Allein für die Beschaffung eines serbischen Passes als Voraussetzung eines Entlassungsantrags sei mit einer mehrjährigen Verfahrensdauer zu rechnen. Es sei auch schon unklar, ob die serbischen Konsulate überhaupt noch für Kosovo-Albaner tätig würden. Dem Kläger könne auch nicht zugemutet werden, das Verfahren durch Einschaltung eines „Vermittlers“ und damit durch Bestechung zu beschleunigen.
§ 10
(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach Maßgabe des § 80 des Aufenthaltsgesetzes oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn er
…
4. seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
§ 12
(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn
…
3.der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat,
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Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 23.10.2008