21.11.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil03.05.2012

Kein Anspruch auf Unter­halts­vor­schuss bei anonymer SamenspendeMutter des Kindes verzichtete bewusst auf Kenntnis über gesetzlich zum Unterhalt verpflichteten Vater

Ein Kind ohne rechtlichen Vater, das durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines anonymen Dritten gezeugt wurde, hat keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Unter­halts­vor­schuss­gesetz. Dies entschied der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg.

Die dreijährige Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls ist durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines anonymen Dritten (heterologe Insemination) gezeugt worden. Ihre alleinstehende Mutter hatte in der Hoffnung auf eine Ehe mit ihrem damaligen Lebenspartner darauf verzichtet, die Identität des Samenspenders zu erfahren. Nach der Geburt der Klägerin weigerte sich ihr Lebenspartner, die Vaterschaft anzuerkennen. Ein Abstam­mungs­gut­achten bestätigte, dass er nicht der leibliche Vater ist. Die Mutter beantragte anschließend für ihr Kind Leistungen nach dem Unter­halts­vor­schuss­gesetz. Diese Leistungen werden unabhängig davon gewährt, ob das Kind oder seine Mutter sozia­l­hil­fe­be­dürftig sind. Der Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die Mutter bewusst auf die Kenntnis eines gesetzlich zum Unterhalt verpflichteten Vaters verzichtet habe. Das Verwal­tungs­gericht Sigmaringen wies die nachfolgende Verpflich­tungsklage ab.

Alleinstehender Elternteil darf sich nicht willentlich in Situation begeben, in der Feststellung des anderen Elternteils von vornherein unmöglich ist

Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg bestätigt die Rechts­auf­fassung des Verwal­tungs­ge­richts, dass in einem solchen Fall Leistungen nach dem Unter­halts­vor­schuss­gesetz nicht gewährt werden können. Das folge zwar nicht zwingend aus Wortlaut und Entste­hungs­ge­schichte, jedoch aus Sinn und Zweck dieses Gesetzes. Danach sei die staatliche Unter­halts­leistung nicht als verlorener Zuschuss gedacht. Sie diene vielmehr dazu, den allein­er­zie­henden Elternteil bei Verfolgung und Durchsetzung eines Unter­halts­an­spruchs des Kindes gegenüber dem anderen Elternteil zu entlasten. Es müsse der öffentlichen Hand daher möglich sein, den “anderen Elternteil“ zur Erstattung dieser Sozialleistung zu verpflichten. Bei der Zeugung eines Kindes mittels der Samenspende eines anonymen Dritten treffe beides nicht zu. Anderes gelte in solchen Fällen nur, wenn ein so genannter “rechtlicher Vater“ - etwa aufgrund einer Vater­schafts­a­n­er­kennung - Kindesunterhalt leisten müsse. Das sei hier nicht der Fall. Wolle ein alleinstehender Elternteil den Anspruch seines Kindes nach dem Unter­halts­vor­schuss­gesetz nicht vereiteln, dürfe er sich also nicht willentlich in eine Situation begeben, in der eine Feststellung des anderen Elternteils von vornherein unmöglich sei.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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