21.11.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil04.06.2008

Normenkontrolle von Waldorf­kin­der­gärten gegen Verordnung über staatliche Förderung weitgehend erfolglosWaldorf­kin­der­gärten erhalten keine staatlichen Förderungen - VGH bestätigt Änderung des Kinder­ta­ges­be­treu­ungs­ge­setzes

Die Verordnung über die Förderung von gemein­de­über­grei­fenden Kinder­ta­ges­ein­rich­tungen ist überwiegend rechtmäßig. Dies entschied der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg und wies damit die Normen­kon­trol­lanträge von vier Waldorf­kin­der­gar­ten­trägern im Wesentlichen ab. Lediglich eine Teilregelung zur konkreten Art der Berechnung der Zuschüsse wurde für unwirksam erklärt.

Seit 01.01.2004 ist die früher dem Land und den Gemeinden gemeinsam obliegende Förderung der Kinder­gar­ten­träger grundsätzlich Sache der Gemeinden, die zum Ausgleich hierfür Zuweisungen im kommunalen Finanzausgleich erhalten. 2006 wurde das Kinder­gar­ten­gesetz (jetzt: Kinder­ta­ges­be­treu­ungs­gesetz - KiTaG) erneut geändert und u. a. die bis dahin als nicht ausreichend angesehene Förderung gemein­de­über­grei­fender Einrichtungen, zu denen die am Verfahren beteiligten Waldorf­kin­der­gärten gehören, neu geregelt. Im Zuge dessen wurde die seit 01.01.2006 geltende Verordnung des Kultus- und Sozial­mi­nis­teriums über die Förderung von Kinder­ta­ges­ein­rich­tungen mit gemein­de­über­grei­fendem Einzugsgebiet (KiTaGVO) erlassen. Vier Träger von Waldorf­kin­der­gärten, die in Nürtingen, Radolfzell, Schwäbisch Hall und Stockach Waldorf­kin­der­gärten betreiben, die auch von Kindern aus den Nachba­r­ge­meinden besucht werden, sehen sich durch die Verordnung in ihren Ansprüchen auf Förderung und Gleich­be­handlung verletzt und begehren mit einem Normen­kon­trol­lantrag, die Regelung für unwirksam zu erklären. Sie machen geltend, die Verordnung beruhe auf einer unwirksamen Rechtsgrundlage (§ 8 Abs. 3 KiTaG), weil - unter anderem - die Förderung von Kindern in Kinder­ta­ges­ein­rich­tungen nicht auf die Gemeinden habe übertragen werden dürfen. Auch die Regelungen der Verordnung selber verstießen gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen Regelungen des Sozial­ge­setz­buches VIII. Der Verwal­tungs­ge­richtshof wies den Normen­kon­trol­lantrag ganz überwiegend ab.

Zur Begründung führte der Verwal­tungs­ge­richtshof aus, die Verordnung (KiTaGVO) verletze keinen bundes­recht­lichen Förderanspruch der Antragsteller. Denn ein solcher stehe diesen nicht zu. Die Länder könnten die Frage der Finanzierung von Tages­ein­rich­tungen jedenfalls seit 01.01.2005 völlig eigenständig regeln. Dies schließe es ein, die Zuständigkeit für die Förderung ganz auf die Gemeinden zu verlagern. Die gesetzlichen Regelungen seien insoweit auch hinreichend bestimmt.

Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz lasse sich nicht feststellen. Träger von Kindergärten, die der Bedarfsplanung der Gemeinde entsprächen, erhielten von der Stand­ort­ge­meinde einen Zuschuss in Höhe von mindestens 63 % der Betrie­bs­ausgaben. Hierunter fielen auch anerkannte freie Träger gemein­de­über­grei­fender Einrichtungen, wie beispielsweise Waldorf­kin­der­gärten, wenn sie in den Bedarfsplan aufgenommen worden seien. Darüber hinaus könnten anerkannte freie Träger gemein­de­über­grei­fender Einrichtungen einen Anspruch gegen die Stand­ort­ge­meinde auf eine Ausnah­me­för­derung in Höhe von 31,5 % geltend machen, auch wenn die Einrichtung nicht dem Bedarfsplan entspreche. Zusätzlich hierzu eröffne § 8 Abs. 3 KiTaG einen Anspruch auf Zuschüsse der Wohnsitz­ge­meinden, so weit in diesen kein gleichwertiger Kinder­gar­tenplatz zur Verfügung stehe. Dass diese in der angegriffenen Verordnung geregelten Zuschüsse - deren Höhe zwischen 20 und 30 % liege - als pauschalierte Festbe­trags­för­derung ausgestaltet worden sei, sei nicht zu beanstanden.

Demnach erhielten nur die freien Träger, die weder in den Bedarfsplan aufgenommen seien noch in den Genuss einer Ausnah­me­för­derung kämen, eine wesentlich geringere Förderung. Dies sei jedoch nicht gleich­heits­widrig. Denn der Verord­nungsgeber dürfe berücksichtigen, dass in der gemeindlichen Planung der Bedarf an Kinder­ta­gess­tätten grundsätzlich abgewogen worden sei. Dabei seien in gewissem Umfang auch die (qualitativen) Erzie­hungs­vor­stel­lungen der Eltern zu beachten. Fehle es dennoch an einem Kinder­gar­tenplatz, der dem eines Kindergartens eines freien Trägers (beispielsweise eines Waldorf­kin­der­gartens) gleichwertig sei, weil beispielsweise nur dieser das gewünschte besondere pädagogische Konzept aufweise, sei der Platz im gemein­de­über­grei­fenden Kindergarten des freien Trägers nach der angegriffenen Verordnung zu bezuschussen. Dieser Zuschuss müsse in der Höhe jedoch nicht der Förderung entsprechen, die für Plätze in einer Einrichtung gewährt werden, die der gemeindlichen Bedarfsplanung entsprächen. Auch das Sozial­ge­setzbuch VIII schreibe nur einen „angemessenen“ Kostenausgleich vor, der eine Differenzierung zulasse.

Für unwirksam erklärte der Verwal­tungs­ge­richtshof eine Regelung, wonach die jährlichen platzbezogenen Zuschüsse anteilig nur für jeden vollen Monat gewährt werden, in dem ein Kind in der Einrichtung angemeldet ist und diese tatsächlich besucht. Denn die Ermäch­ti­gungs­grundlage der Verordnung sehe eine jahresbezogene Berechnung vor und lasse daher allenfalls eine Regelung zu, die darauf abstellt, ob bezogen auf ein Jahr ein regelmäßiger Kinder­gar­ten­besuch stattgefunden hat.

Auszug aus dem Kinder­ta­ges­be­treu­ungs­gesetz - KiTaG

§ 8 Förderung von Einrichtungen freier Träger

(1) Für die Förderung von Einrichtungen freier Träger im Sinne dieses Gesetzes sind gemäß §§ 69 Abs. 5 und 74 a SGB VIII die Gemeinden zuständig.

(2) Träger von Einrichtungen oder Gruppen nach § 1 Abs. 2 bis 5, die der Bedarfsplanung nach § 3 Abs. 3 entsprechen, erhalten von der Stand­ort­ge­meinde einen Zuschuss in Höhe von mindestens 63 vom Hundert der Betrie­bs­ausgaben. Für Einrichtungen im Sinne von Satz 1 mit gemein­de­über­grei­fendem Einzugsgebiet können Ausnahmen zugelassen werden. In diesen Fällen beträgt der Zuschuss mindestens 31,5 vom Hundert der Betrie­bs­ausgaben der gesamten Gruppe.

(3) Träger von Einrichtungen im Sinne von Absatz 2 mit gemein­de­über­grei­fendem Einzugsgebiet, die nicht oder nicht bezüglich aller Plätze in die Bedarfsplanung aufgenommen sind, erhalten von der Wohnsitz­ge­meinde des jeweiligen Kindes einen jährlichen platzbezogenen Zuschuss für jeden nicht in der Bedarfsplanung enthaltenen Platz, soweit in der Wohnsitz­ge­meinde kein gleichwertiger Platz zur Verfügung steht. Die Höhe des jährlichen platzbezogenen Zuschusses für die verschiedenen Betreuungs- und Betriebsformen wird durch Rechts­ver­ordnung des Kultus­mi­nis­teriums und des Ministeriums für Arbeit und Soziales festgelegt. Änderungen der Rechts­ver­ordnung bedürfen der Zustimmung des zuständigen Ausschusses des Landtags. Die Stand­ort­ge­meinde kann gleichzeitig auch Wohnsitz­ge­meinde sein.

(4) Eine über die Absätze 2 und 3 hinausgehende Förderung wird in einem Vertrag zwischen der jeweiligen Gemeinde und dem Träger der freien Jugendhilfe geregelt. (5) Bei der Finanzierung von Einrichtungen zur Klein­kind­be­treuung mit gemein­de­über­grei­fendem Einzugsgebiet ist die Wohnsitz­ge­meinde gegenüber dem Träger der Einrichtung zu einem angemessenen Kostenausgleich verpflichtet, sofern in der Wohnsitz­ge­meinde kein gleichwertiger Platz im Sinne von Absatz 3 zur Verfügung steht. Das Nähere regelt die in Absatz 3 genannte Rechts­ver­ordnung. Die Stand­ort­ge­meinde kann gleichzeitig auch Wohnsitz­ge­meinde sein.

(6) Die Kommunalen Landesverbände schließen mit den Kirchen und den Verbänden der sonstigen freien Träger der Jugendhilfe eine Rahmen­ver­ein­barung über Planung, Betrieb und Finanzierung. Die Rahmen­ver­ein­barung bildet die Grundlage für die Verträge im Sinne von Absatz 4.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 21.07.2008

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