21.11.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 24956

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Urteil24.04.2017Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg12 S 2216/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • FamRZ 2017, 1529Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2017, Seite: 1529
  • NVwZ 2017, 1212Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ), Jahrgang: 2017, Seite: 1212
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanz:
  • Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil25.09.2014, 3 K 1117/14
ergänzende Informationen

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil24.04.2017

Eingehung einer im Ausland wirksamen Zweitehe rechtfertigt nicht Rücknahme der EinbürgerungKein Verstoß gegen Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung

In der Eingehung einer im Ausland wirksamen Zweitehe liegt kein Verstoß gegen das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung. Die Rücknahme der Einbürgerung wegen der Zweitehe ist daher unzulässig. Dies hat der Ver­waltungs­gerichts­hof Baden-Württemberg entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem ein syrischer Staats­an­ge­höriger im April 2008 eine deutsche Staats­an­ge­hörige geheiratet hatte, wurde er im Oktober 2010 unter Beibehaltung der syrischen Staats­bür­ger­schaft eingebürgert. Er bekannte sich dabei zur freiheitlich demokratischen Grundordnung. Im Dezember 2013 kam es jedoch zur Rücknahme der Einbürgerung, da die zuständige Behörde erfuhr, dass der Deutsch-Syrer im Juni 2008 in Syrien seine Cousine geheiratet hatte. Hintergrund dessen war, dass eine frühere außereheliche Affäre zwischen beiden bekannt wurde. Die Heirat diente allein zum Schutz der Cousine vor der Reaktion der syrischen Gesellschaft. Der Deutsch-Syrer wendete sich zunächst erfolglos mit einem Widerspruch gegen die Rücknahme der Einbürgerung und erhob schließlich Klage.

Verwal­tungs­gericht wies Klage ab

Das Verwal­tungs­gericht Karlsruhe wies die Klage ab, da der Kläger mit der Eingehung der Zweitehe gegen sein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung verstoßen habe. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung ein.

Verwal­tungs­ge­richtshof verneint Verstoß gegen Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung

Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg entschied zu Gunsten des Klägers und hob daher die Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts auf. Der Kläger habe durch die Eingehung der Zweitehe nicht gegen sein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung verstoßen, da das Prinzip der Einehe nicht von der freiheitlich demokratischen Grundordnung umfasst sei.

Prinzip der Einehe nicht von freiheitlich demokratischer Grundordnung umfasst

Der Begriff der freiheitlich demokratischen Grundordnung sei mit dem Begriff der wehrhaften oder streitbaren Demokratie verbunden, so der Verwal­tungs­ge­richtshof. Er begründe das Prinzip, die vom Grundgesetz konstituierte Demokratie als wertgebundene Ordnung zu begreifen und diese mit den verfas­sungs­rechtlich zugewiesenen Instrumenten gegen die Feinde der Demokratie zu verteidigen. Zwar gehöre das Prinzip der Einehe zu den grundlegenden kulturellen Wertvor­stel­lungen in Deutschland. Es weise aber keinen unmittelbaren Bezug zur wehrhaften Demokratie des Grundgesetzes auf. Wer gegen das Verbot der Doppel- oder Mehrehe verstoße, sei schon deshalb kein "Verfas­sungsfeind". Der Bestand und die Sicherheit des Staates sowie dessen Grundordnung werden nicht gefährdet.

Keine Unvereinbarkeit einer Zweitehe mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts

Nach Auffassung des Verwal­tungs­ge­richtshofs spreche zudem der Umstand, dass die nach ausländischem Recht im Ausland in rechtmäßiger Weise geschlossene Zweitehe in Deutschland als wirksam erachtet und ein Verstoß gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts nicht angenommen werde, spreche ebenfalls gegen einen Verstoß gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, ra-online (vt/rb)

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